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Rede des Oberbürgermeisters zum Neujahrsempfang der Stadt Ansbach am 12. Februar 2023

"Herausforderungen, mit denen es unser Land seit seiner Gründung 1949 noch nicht aufnehmen musste."

Ansbach, 13. Februar 2023 – Zum Neujahrsempfang der Stadt Ansbach lud Oberbürgermeister Thomas Deffner am Sonntag, den 12. Februar 2023 um 11 Uhr ein. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft sowie der Ansbacher Vereine und Verbände waren die Inhaberinnen und Inhaber der Ehrenamtskarte sowie alle Bürgerinnen und Bürger aus den Straßen mit den Anfangsbuchstaben St bis Z, also von der Sternstraße bis zu „Zur Silbermühle“ eingeladen. Musikalisch wurde der Neujahrsempfang vom Stadt- und Jugendblasorchester unter der Leitung von Ernst Berendes begleitet. 

Foto: Hans-Martin Goede

In seiner Rede gab Oberbürgermeister Deffner einen kurzen Rückblick auf 2022 und einen Ausblick auf Themenschwerpunkte und Projekte der Stadt Ansbach. Es gilt das gesprochene Wort:

„Herzlichen Dank an die beiden Bürgermeister für die Begrüßung! Liebe Elke, Lieber Markus, danke, dass Ihr diese „gefahrengeneigte“ Aufgabe übernommen habt. Danke möchte ich gleich zu Beginn auch dem Stadt- und Jugendblasorchester unter der Leitung von Herrn Ernst Berendes für die musikalische Umrahmung. Es ist immer ein Genuss Ihnen allen zuzuhören und Ihre Musik zu genießen!

Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren, nachdem die letzten Jahre geprägt von Krisen waren, ist es mir eine umso größere Freude, dass ich Sie heute zu einem schönen Anlass begrüßen darf und wir anlässlich unseres Neujahrsempfangs wieder zusammenkommen können.

Ein gutes neues Jahr kann man nach alten Regeln bis zum Hafer säen wünschen und damit liegt man bis Ende Februar oder auch Anfang März immer richtig. In den vergangenen drei Jahren ist vieles passiert. Herausforderungen, mit denen es unser Land seit seiner Gründung 1949 noch nicht aufnehmen musste. Corona als alles bestimmendes Thema, die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, der Krieg gegen die Ukraine, steigende Energiepreise, die Inflation oder die Klimakrise sind nur einige der Themen, die uns alle beschäftigten und vermutlich auch zukünftig beschäftigen werden. Und das bis auf die kommunale Ebene.

Auch in unserer Stadt waren Herausforderungen zu meistern: Drei Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg wurden gefunden, wobei die Entschärfung einer Bombe mit einer gefährlichen Hochwasserlage zusammenfiel, sodass ich als erster Oberbürgermeister dieser Stadt den Katastrophen-Fall feststellen musste. 1000 Einsatzkräfte waren an diesem Tag in der Stadt. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an alle Hilfskräfte, sei es von den Feuerwehren aus Stadt und Land, dem BRK, dem THW oder der Polizei. Diese Ereignisse haben uns allen wieder einmal eindrücklich vor Augen geführt, dass wir uns in Ansbach jederzeit auf Sie verlassen können. Zuletzt am vergangenen Sonntag mit der Bombendrohung im einem Zug und dem Brand in der Schalkhäuser Straße. Immer wieder beeindruckend, wie bei allen im Einsatz jeder Handgriff sitzt. Danke!

Foto: Hans-Martin Goede

Danken möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung, die neben der Bewältigung aller Krisen ihr Alltagsgeschäft nicht vernachlässigen durften und selbst die Auswirkungen der Pandemie und des Ukrainekrieges nahezu tagtäglich spürten. Und was war alles zu leisten: Die Einrichtung des Impf- und Testzentrums, Beantwortung von Fragen zu geltenden Regeln. Welche Veranstaltungen können ob und wie gemacht werden, oft rein und raus aus den Kartoffeln. Ukrainische Kriegsflüchtlinge mussten untergebracht und versorgt werden. Dass die große Mehrheit mittlerweile in eigene Wohnungen ziehen konnte, verdanken wir unserer Bevölkerung. Das sind die Momente, ich denen ich so unendlich stolz auf unsere Stadt und seine Menschen bin. Herzblut für Ansbach und gelebte Menschlichkeit in einer gefühlten Dauerkrise. Herzlichen Dank daher an Sie alle!

Und hierzu passen auch die Worte unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache: „Europa steht zusammen. Und unser Land wächst in der Herausforderung wieder einmal über sich hinaus. Wir sind nicht in Panik verfallen, wir haben uns nicht auseinandertreiben lassen. Unser demokratischer Staat mildert die härtesten Belastungen. In den Unternehmen arbeiten viele daran, gestärkt aus der Krise zu kommen“. Diese Worte passen auch insgesamt zu den vergangenen drei Jahren und in diesem Sinne möchte ich an das viele Positive, das wir gemeinsam erreicht haben, erinnern: Trotz Corona konnte 2020 ein Ferienpass für die Jugend angeboten werden, die von den Einschränkungen besonders betroffen war. Ein anderes Format der Rokoko-Festspiele fand statt und unser corona-konformer Weihnachtsmarkt, in diesen Zeiten eine Rarität, schaffte es sogar bis in die New York Times.

Zum 800. Geburtstag unserer Stadtrechte im Jahr 2021 war der Besuch der Bayerischen Staatsoper ein phantastischer kultureller Höhepunkt und machte den Karlsplatz zu einem Ort, der mehr kann, als nur Parkplatz. Überhaupt waren wir eine der wenigen Städte mit Veranstaltungen: Eine Bachwoche unter schwierigsten Bedingungen – Frau Heindl-Mattern, vielen herzlichen Dank!

Und auch Rokoko- und Kaspar-Hauser-Festspiele waren gesetzt. 2022 war dann geprägt von der Bayerischen Landesausstellung. Viele Gäste aus ganz Deutschland kamen nach Ansbach zu „Typisch Franken?“. Ein besseres Motto hätte man für Ansbach nicht finden können! Und 80 Prozent der Besucher gaben an, erstmals in Ansbach gewesen zu sein und waren, ein Lob, das ich von Besuchern oft höre, begeistert von unserer gepflegten schönen Altstadt, die auch wir wieder mit einem tollen Altstadtfest, erstmals durch die Stadt organisiert, aus vollen Zügen genießen konnten. Ebenso wie das Frühlingsfest oder die Kirchweih. Wir waren gemeinsam auf Rädern in unseren romantischen Stadtteilen anlässlich des 50. Jubiläums der Gebietsreform.

Unsere Städtepartnerschaften mit Bay City und Fermo konnten gefeiert werden – in Zeiten eines Angriffskrieges in Europa ein Zeichen, dass die freie westliche Welt bis auf die Ebene der Städte zusammensteht. Und auch in Sachen „Hardware“ ist seit dem letzten Neujahrsempfang in Ansbach viel passiert. Die wichtigsten Maßnahmen möchte ich Ihnen anhand der hier gezeigten Bilder nennen:

Straßen wie die Urlasstraße und die Neustadt wurden saniert, Kitas in Pfaffengreuth, Elpersdorf und Brodswinden wurden neu gebaut. Wir konnten Kinderspielplätze (Bismarckturm und Höhenweg) verbessern und Baugebiete erschließen. Zudem wurden die Toilettenanlagen in der Innenstadt erneuert und der historische Pavillon kehrt nach zehn Jahren als Café zurück auf die Promenade. Eine Calesthenics-Anlage haben wir kurzfristig aus dem Boden gestampft. Oder ganz neu mit dem Landkreis Ansbach, Herr Landrat, das digitale Gründerzentrum ANsWerk im Postgebäude, in dem junge Menschen Ihre und unsere Zukunft gestalten.

Mit dem barrierefreien Ausbau des Bahnhofs durften wir uns im Dezember 2022 auch über den Anschluss an das ICE-Netz freuen und sogar einen Hochgeschwindigkeitszug nach unserer Stadt taufen. Sicherlich einer der langgehegten Wünsche vieler in der Region. Und mit der Errichtung der neuen Radabstellanlagen am Bahnhof wird die Radinfrastruktur weiter gestärkt werden. Ebenso mit der von mir gewünschten Stelle für Radverkehrsplanung, die wir hoffentlich besetzen können. Der lange Wunsch nach einem Skaterpark mit Grillplatz wird Wirklichkeit werden. Eine Herzensangelegenheit war mir der Ankauf von Flächen am Thiergartenwald beziehungsweise dem Weinbergplateau II, wodurch der Grundstein für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung im Ansbacher Norden auf knapp 7 Hektar gelegt wurde. Im Rahmen dieser Entwicklung soll auch die Erschließung des bestehenden Teils des Weinbergplateaus zeitgemäß werden. Ein Meilenstein in der Stadtentwicklung.

Neue Baugrundstücke sollen auch Am Drechselsgarten entstehen – auch hier konnten wir Flächen erwerben und möchten in diesem Jahr in die Planungen einsteigen. Durch die Stadtbau entstehen in der Fischerstraße sechs geförderte Wohnungen und auch in der Kraußstraße soll in diesem Jahr die Sanierung des städtischen Gebäudes beginnen. Mit einer Fassadenbegrünung, um auch anderen Bauherren anschaulich zu zeigen, wie man die klimagerechte Stadt auch ganz persönlich gestalten kann.

In Schalkhausen kann aller Voraussicht nach die neue Grundschule zum Schuljahresbeginn bezogen werden. Hier investieren wir rund 7,4 Millionen Euro in eine moderne, barrierefreie Schule. Weiter laufen zudem die Sanierungsarbeiten an städtischen Gebäuden, dem Betriebsamt, Stichwort Planung neue Salzhalle und die Sanierung der Stadtgärtnerei und den Schulen, wie zum Beispiel der Luitpoldschule. Bei den Schulen beschäftigt uns aktuell auch der Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung. Ob das ab 2026 angesichts des Fachkräftemangels praktisch funktionieren kann, ist eine große Herausforderung und ich denke hier an einen in Erlangen neu gebauten Kindergarten, der mangels Personals geschlossen ist. Noch ist die Welt hier bei uns in Westmittelfranken halbwegs in Ordnung. Für die Kleineren und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden, wie bereits erwähnt, die Kitas in Elpersdorf und Brodswinden er- weitert. Die TIZ-Kids werden für 2 Millionen Euro erweitert. 2023 entstehen damit in Ansbach 62 neue Betreuungsplätze. Darüber hinaus investieren auch andere Träger in die Kinderbetreuung, wie zum Beispiel in Schalkhausen.

Erst vor wenigen Wochen haben wir die Zusage für die Förderung einer eigenen Stelle für mehr nachhaltige Beschaffung bekommen, die den Klimaschutzmanager unterstützen soll. Im Stadtteil Strüth soll eine weitere Windkraftanlage entstehen, getragen von den Bürgern vor Ort. Vielleicht gelingt uns das in naher Zukunft auch andernorts. Wie auch mit Nahwärmenetzen, wo sich Menschen in unserer Stadt für eine nachhaltige und krisensichere Heiztechnik zusammengefunden haben. Der Rahmenplan Photovoltaik ist in der Überarbeitung, damit auch hier in der Stadt mehr möglich wird. Die Dachbegrünung in Gewerbegebieten – Stichwort Schwammstadt – soll kommen und ich hoffe, dass der Stadtrat das beschließen wird.

Auch die Innenstadt wollen wir gemeinsam voranbringen. Mit dem Förderprogramm React-EU haben wir die Möglichkeit bekommen, Projekte mit einem Volumen von mehr als 500.000 Euro umzusetzen. Ziel ist es, Möglichkeiten der Belebung der Innenstadt zu sondieren und Erfahrungen mit Nutzungsarten zu sammeln. Ein temporäres Innenstadtmanagement beschäftigt sich mit Maßnahmen zur Entwicklung des vor allem vom Einzelhandel und der Gastronomie genutzten Stadtkerns. Mit dem Dienstleister entwickeln wir gemeinsam eine tragbare Struktur für ein zukünftiges Zusammenspiel von Handel, Gastronomie, Gewerbe und Verwaltung. Am Martin-Luther-Platz haben wir seit Anfang Dezember ein Coworking-Space in der Testphase, hier können Sie die Arbeitsplätze noch bis Ende Februar ausprobieren. Und das läuft gut.

An dieses Projekt grenzt die Citywerkstatt Ansbach an, unter anderem konnten dank der Initiative verschiedener Akteure im vergangenen Sommer in der Innenstadt bunte Regenschirme aufgehängt werden oder der Schriftzug „Ansbach“, soll als Selfiemotiv unsere Stadt in den sozialen Medien repräsentieren.

Herausforderungen haben wir auch: Zum Beispiel beim Blick auf die Gesundheitsversorgung. Immer mehr Hausärzte schließen ihre Praxen und auch die Kliniken von ANregiomed stehen, wie nahezu alle Kliniken im ganzen Land, vor großen Herausforderungen. Erst vergangene Woche habe ich mich hierzu mit dem Oberbürgermeister aus Fürth ausgetauscht – die Problemlagen sind nahezu identisch. Nach verschiedenen Umfragen wollen drei Viertel der Arbeitnehmer Teilzeit arbeiten, möglichst in einer Viertagewoche. Ob wir damit unsere berechtigten Ansprüche, gerade auch bei der medizinischen Versorgung, sichern können, erscheint mir – auch angesichts des demografischen Wandels – mehr als fraglich. Die oft beschworene Work-Life-Balance dürfte sich mit unserem vielfachen Anspruchsdenken und dem Erhalt unseres Wohlstandes, dem Erhalt einer guten medizinischen Versorgung, dem Erhalt vieler Einrichtungen unseres sozialen Netzes, wohl nicht vereinbaren lassen.

Wir merken das auch in anderen Bereichen, wenn wir zum Beispiel für die Mittagsverpflegung von Schülern keine Angebote mehr bekommen, wenn wir Schlüsselstellen wie zum Beispiel in der Bauverwaltung oder der Kämmerei über lange Zeit nicht besetzen können und viele Kolleginnen und Kollegen nach drei Jahren Dauerkrise „auf der Felge“ fahren. Meine Damen und Herren, das bewegt mich sehr, weil es sich auch mit Geld nicht lösen lässt, wenn die Menschen für viele Professionen schlicht nicht mehr da sind. Und das wird sich auch mit Zuwanderung nicht kurz- oder mittelfristig lösen lassen. Und hinzutritt, dass wir vielfach in unserer Bürokratie gefangen sind. Das Vergaberecht mit mühsamen Ausschreibungen, die Zeit, Geld und Personal verschleißen und schließlich dazu führt, dass wir keine oder zum Teil sehr teure Angebote bekommen, muss vereinfacht werden. Gleiches gilt für die 30er Zonen. Hier muss die Ampel in Berlin endlich mal schalten, und zwar auf freie Fahrt für die kommunale Hoheit in solchen Fragen.

Bewegt hat mich auch, dass durch Corona nach den Zahlen des RKI 71 Menschen in unserer Stadt gestorben sind und wir von zwei lieben Freunden aus dem Stadtrat Abschied nehmen mussten, Hubert Müller und Walter Hessenauer. In Gedanken sind wir auch bei den Opfern und dem Leid der Menschen im Erdbebenkatastrophengebiet in der Türkei und in Syrien und in der Ukraine, wo ein verbrecherischer Angriffskrieg gegen ein freies Land und seine Zivilbevölkerung geführt wird. All diese Menschen, all diese Opfer, sind Aufforderung an uns, dass wir, denen es im Vergleich dazu sehr gut geht, zusammenstehen.

Wir sind Ansbach, wir alle, jeder hier im Saal, kann unsere Stadt – und mit Blick auf die Gäste von Außerhalb – unsere Region voranbringen. Und wir brauchen uns alle. Ansbach geht uns alle an. Und so danke ich zum Abschluss den unzähligen Ehren- amtlichen in unserer Stadt. Alle Ihre Leistungen aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Doch Feuerwehren, Rettungskräfte, Sportvereine, Selbsthilfegruppen, von ehrenamtlichen getragene caritative Einrichtungen, Kultureinrichtungen aller Art oder Partnerschaftsvereine leisten Phantastisches, haben Herzblut für unsere Heimatstadt und werden in diesem Jahr wieder Vielfältiges für uns möglich machen: ein sicher wieder tolles Altstadtfest unter dem Motto 1275 Jahre Ansbach, eine Ansbacher Mess mit vielen Akteuren der Regionalität und des Kunsthandwerks oder das 55-jährige Jubiläum mit unserer Partnerstadt Anglet – ein wichtiges und stabiles Rad im großen Räderwerk des freien, des zusammenhaltenden Europas, eine Bachwoche, oder unsere Stadtteilkirchweihen und – Weihnachtsmärkte. Genießen Sie all die Schätze unserer Stadt, auf die wir stolz sein können.

Ich wünsche Ihnen, meine Damen und Herren, für das Jahr 2023 alles Gute, besonders Gesundheit und bedanke mich ganz herzlich bei allen, die den heutigen Empfang möglich gemacht haben!“

Info: Stadt Ansbach