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Abfall + Abfall = Wärmedämmung

Biomasse-Institut entwickelt neuen Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff

Aktuell sind Kunststoffe überall in den Medien in der Kritik. Verschiedene Bewegungen rufen zum kompletten Kunststoff-Verzicht auf, zum Kunststoff-Fasten. So einfach ist es aber nicht, komplett zu verzichten und trotzdem nachhaltig zu leben. Werden natürliche Ressourcen als Ersatz für Kunststoffe verwendet und müssen diese auch noch angebaut werden, gerät der Nachhaltigkeitsgedanke an seine Grenzen. Hier gilt es, einen Kompromiss zu finden und beispielsweise auch Abfälle zu verwenden, wie es der Küchenhersteller Schüller Möbelwerke KG aus Herrieden plant.

Aktuell expandiert das Unternehmen – und mit der Expansion fallen auch immer mehr Holzabfälle an, welche regulär verheizt werden würden. Das Unternehmen deckt bereits einen Großteil seines Energiebedarfes durch das Verheizen hauseigener Holzabfälle. „Da muss aber noch mehr gehen. Holz ist zu wertvoll, um nur verbrannt zu werden“, war das Ziel von Max Heller, Geschäftsführer der Schüller Möbelwerke KG. „Eine stoffliche Verwertung und etwas Sinnvolles muss dabei herauskommen.“ Mit diesem Anspruch trat er 2016 an das neu gegründete Biomasse-Institut der Hochschule Ansbach heran. Es wurden Ideen gesammelt und schließlich entschied man sich für einen Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff, einen sogenannten Wood-Polymer-Composite (kurz WPC). Die Idee war, durch das Beimengen von Holz am ‚Rohstoff Kunststoff‘ einzusparen.

Wofür kann man diesen Verbundwerkstoff verwenden? WPC wird üblicherweise für einfache Anwendungen wie Blumenkästen, Besteckgriffe, Eimer und Boxen verwendet. Für Schüller könnte die Anwendung von WPC als Küchenplatte eine sinnvolle Option sein. Und warum sollte man überhaupt Holz einbringen? Holz verschlechtert die Brennbarkeit des Kunststoffes. Das haben Wissenschaftler*innen am Biomasse-Instituts herausgefunden. Eine schlechte Brennbarkeit ist entscheidend für den Einsatz im Bau. „Wir haben uns daher entschlossen, den Fokus auf ‚Holz als Träger für Flammenschutz‘ zu legen“, sagt Prof. Dr. Hans-Achim Reimann, stellvertretender Wissenschaftlicher Leiter des Biomasse-Instituts. Weitere Experimente seitens des Biomasse-Institutes sollen hier WPC als Baumaterial erneut einen Schritt nach vorne bringen.

Ein Problem gab es jedoch: Verbundwerkstoffe gelten in der aktuellen Diskussion um Kunststoffabfälle und Recycling als weniger nachhaltig. Der Verbundwerkstoff ist zu 100 Prozent recycelbar, man kann WPC also wieder einschmelzen und neu verwenden. Trennen lassen sich Holz und Kunststoff jedoch meist nicht mehr. Es sei denn, man bedient sich einer neuen (alten) Technologie. Hier brachte das Biomasse-Institut die Solvolyse von Kunststoffen, eine Art des roh-stofflichen Kunststoffrecyclings, ins Spiel. Eine Variante funktioniert so: Es gibt verschiedene Kunststoffe, welche sich in Lösungsmitteln lösen, z.B. der Schaumstoff Styropor® löst sich in Aceton, welches auch in einigen Nagellackentfernern zu finden ist. Es bildet sich also eine‚„Kunststofflösung“. Diese lässt sich leicht von Störstoffen (wie Schmutz, Chemikalien oder anderen Kunststoffen) reinigen. Das Biomasse-Institut verarbeitete gelöstes Altstyropor zusammen mit Altholz zu einem WPC-Werkstoff. Es rückte der Ansatz „aus Alt mach Neu“ in den Fokus: Altes Styropor, welches normalerweise verbrannt wird, sollte zu einem neuen Verpackungs- oder sogar Dämmmaterial für Gebäude werden.

Aktuell geht das Biomasse-Institut gemeinsam mit einer Firma aus der Region einen Umweg über ein Alternativmaterial, um Firmen an die Solvolyse-Thematik heranzuführen. Innovation braucht seine Zeit. Das Alternativmaterial verspricht schnelle Anwendbarkeit und das ist auch im Interesse der Schüller Möbelwerke KG. Die sinnvolle Verwendung von Abfällen ist in jedem Fall der richtige Weg.