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Wenn Frauen die Arbeitshosen anhaben

Franziska mischt Männerdomäne auf

Mädchen sind immer noch selten in technischen Ausbildungsberufen zu finden, sie sind eher die Exoten. Eine der wenigen ist Franziska, die gerade eine Lehre als Elektronikerin begonnen hat. Ganz bewusst hat sie sich für diesen Beruf entschieden und systematisch auf ihren Ausbildungswunsch hingearbeitet.

„Ein Bürojob wäre für mich nie in Frage gekommen“, sagt die 16-jährige Franziska Göppel völlig überzeugt.  Auch wenn ihre Freundinnen aus der Schule eher das klassische Rollenbild gewählt haben, für Franziska war schon sehr früh klar: Es soll etwas Technisches sein. So hat sie schon in der 7. Klasse ein Praktikum in der Dommel GmbH absolviert, ein Industrie-Elektronikunternehmen mit 120 Mitarbeitern aus ihrer Heimatstadt Wassertrüdingen. Hier konnte sie ausprobieren, ob ihr die Technik wirklich Spaß macht.

Franziska Göppel (re.) hat sich bewusst für eine Ausbildung in einem technischen Beruf entschieden. Michaela Bach aus dem dritten Lehrjahr erklärt ihr, wie man einen Schaltschrank bestückt. Foto: Mathias Neigenfind

„Dass Praktikanten nur aufräumen und Kaffee kochen, können wir uns nicht erlauben“, sagt Ausbilder Norbert Prossel. „So etwas spricht sich schnell bei den jungen Menschen herum, etwa per Facebook oder WhatsApp. Das wäre negativ für uns. Wir haben eigene Elektronikbausätze für unsere Praktikanten entwickelt, bei denen am Ende etwas blinkt oder leuchtet.“

Am ersten Praktikumstag lernen die jungen Schüler löten, so beschäftigen sie sich in der gesamten Praktikumswoche bereits mit ihrem möglichen, späteren Ausbildungsberuf. Nachdem das Löten sitzt, geht es an ihren Bausatz. Manchmal ist auch ein kleiner Controller auf der Platine, dann helfen ältere Auszubildende aus der IT-Abteilung diesen zu programmieren. „Praktische Dinge bleiben bei den Schülern besser im Kopf“, sagt Prossel. Und ich kann in der Woche schauen, wie sich die Schüler anstellen.“ Voraussetzung für einen Ausbildungsplatz ist, mindestens eine Woche im Unternehmen gearbeitet zu haben, egal ob als Praktikant oder als Ferienhelfer. Diesen Weg ist auch Franziska gegangen.

Dann gab es noch einen weiteren Berührungspunkt: Nach dem Praktikum beteiligte sie sich noch an einem Projekt – der Bienenstock ihrer Schule wurde mit Elektrotechnik verbessert. Eine Waage und mehrere Sensoren liefern Informationen, die es dem Imker leichter machen sollen, seine Bienen zu pflegen. Hier hat Franziska das Basismodul gefertigt. Die Technik und das Know-how hatte das Industrie-Elektronikunternehmen zur Verfügung gestellt. Dieses Engagement führte letztlich dazu, dass die 16-jährige am 2. September 2019 hier ihre Wunschausbildung beginnen konnte.

„Fachkräfte nach Wassertrüdingen zu bekommen ist sehr schwierig, deshalb ist die Ausbildung sehr wichtig für uns“, sagt Manuela Dommel, die für das Bewerbermanagement zuständig ist. Die meisten bleiben nach ihrer Ausbildung im Unternehmen. „Wir sind sehr aktiv geworden mit Projekten an Schulen, neben MINT-Tagen, Girls-Day oder Ausbildungsmessen. Das ist sehr wichtig für uns, denn so lernen die Schüler unser Unternehmen überhaupt erst einmal kennen und kommen zu einem Praktikum. Aus den meisten Praktika entstehen später Ausbildungsverhältnisse, derzeit sind es 16. Dabei sind die Schulnoten nicht ausschlaggebend, wichtig ist das persönliche Engagement.“ Die Azubis werden gleich von Anfang an integriert, zum Ausbildungsstart geht es für drei Tage in eine Abenteuerwerkstatt. Mit dabei sind auch die älteren Auszubildenden, damit sie sich alle gut kennen lernen.

Die ersten zwei Wochen ihrer Ausbildung sind nun bereits rum. In der Berufsschulklasse ist Franziska Göppel das einzige Mädchen, im Unternehmen gibt es ein paar mehr. Trotzdem ist sie froh, dass sie nicht in einem Büro angefangen hat.