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Die Gesichter hinter „Einfach informiert“ im Interview

Vier Ausgaben der Zeitung in "einfacher Sprache" sind diese Jahr erschienen

Ansbach, 22. Dezember 2022 – Das Projekt wurde von einer Schreib-Gruppe gemacht. Fast alle aus der Gruppe leben selbst im Landkreis Ansbach oder in der Stadt Ansbach. Ende April traf sich die Schreib-Gruppe von „Einfach informiert“ zum ersten Mal. In einem Workshop hatten Sie gelernt, wie man in einfacher Sprache schreibt.

„Vier Ausgaben hat das Team um Anne Hümmer (Studentin im Masterstudienfach „Erziehungswissenschaftlich-Empirische Bildungsforschung“)  und Lisa Birnbaum (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung) in den letzten Monaten veröffentlicht. Jetzt ist erst einmal Schluss. Wir haben mit den Hauptinitiatorinnen gesprochen und Einiges über die Hintergründe des Projekts, dass im Rahmen einer Projektarbeit entstanden ist, erfahren.

 

Wie ist die Idee zu „Einfach informiert“ entstanden?

Wir wollten gerne an dem Hochschulwettbewerb von „Wissenschaft im Dialog“ teilnehmen und haben ganz verschiedene Ideenansätze gesponnen. Das Thema „einfache Sprache“ fanden wir sehr großartiges Mittel, um mehr Leute zu beteiligen. Wir wussten auch schon von anderen Zeitungen in einfacher Sprache und fanden dies einen gute Sache. Uns kam der Gedanken, dass auf lokaler Ebene ein sehr spannendes Themenfeld sein könnte. Daraus entstand dann die Idee, dass wir die Stadt und den Landkreis Ansbach auswählen. Hintergrund für die Entscheidung war, dass wir nicht das nächste Projekt in einer Großstadt starten, sondern bewusst in den ländlichen Raum gehen wollten. Zusätzlich haben wir uns an den aktuellen Forschungsgebieten am „Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung“ orientiert und hier Anknüpfungspunkte gesucht. „Lesen und Schreiben“ und der „ländliche Raum“ waren somit zwei Verknüpfungspunkte, die für uns wichtig waren. Der Hochschulwettbewerb fördert aber nicht nur die Zeitung an sich, sondern es war auch ein „Wissenschaftskommunikationsprojekt“. Deshalb haben wir mit interessierten Freiwilligen die Zeitung erstellt, aber auch gemeinsam geforscht. Wir haben uns gefragt: bringt die einfache Sprache etwas. Das haben wir mit einem Fragebogen untersucht.

Warum genau habt ihr euch für den Landkreis Ansbach entschieden?

Lisa: Ich bin von hier und das hat bei der Entscheidung schon eine Rolle gespielt. Dadurch kennt man schon Leute und Einrichtungen, zu denen man Kontakt aufnehmen kann und muss bei der Recherche nicht bei null anfangen.

Ihr hattet ein ganzes Team, welches euch unterstützt habt. Wie habt ihr die Freiwilligen gefunden?

Wir haben recht breit geworben. Nachdem klar war, dass wir ein „Citizen-Science-Projekt“ machen, mussten wir ja auch unsere „Citizens“ mit einbeziehen. Wir haben Ausschreibungen in Amts- und Mitteilungsblättern geschalten und in den Medien geworben sowie persönliche Kontakte genutzt. Zusätzlich hatten wir durch den Seniorenbeauftragten des Landkreises Ansbach die Chance, an alle Seniorenbeauftragten in den Kommunen eine Einladung zum Mitmachen zu versenden. Darüber hinaus haben wir auch noch Vereine oder Einrichtungen angeschrieben, die das Thema „einfach Sprache“ möglicherweise interessieren könnte.

Wann hat das Projekt „Einfach informiert“ begonnen?

Wir haben im Februar erfahren, dass wir die Förderung für das Projekt bekommen und ab da ging es dann los. Dann haben wir zum Mitmachen aufgerufen und Ende April war dann der Startschuss des Ganzen. Zu Beginn gab es einen Workshop zum Thema „einfache Sprache“.

Was wurden in dem Workshop zur „Einfachen Sprache“ dann konkret vermittelt?

Wir haben Antworten auf die Fragen: Was ist „einfache Sprache“ und wie lässt es sich von „Leichter Sprache“ abgrenzen bekommen. Zusätzlich haben wir gelernt, welche Regeln es gibt, wenn man in einfacher Sprache schreibt und haben angefangen vorhanden Texte zu „übersetzten“. Danach haben wir eigene Texte in einfacher Sprache geschrieben. Die letzten beiden Punkte waren genau das, was wir für die Zeitung gebraucht haben. Teilweise haben wir Pressetexte übersetzt, manchmal aber auch selbst redaktionell geschrieben. Wir haben in diesem Workshop richtig viel gelernt. Vor allem, dass Texten in einfacher Sprache gar nicht so leicht ist. Praktisch heißt das beispielsweise, wenn man einen sehr langen und komplizierten Satz hat, muss man sich überlegen, wie man diesen in mehrere kürzere und leichter verständliche Sätze umformulieren kann.

Was macht also jetzt konkret einen Text in einfacher Sprache aus?

Man muss sich genau überlegen, welche Infos zentral sind. Zusätzlich muss man herausfinden, welche wichtigen Wörter kommen vor, die möglicherweise einer Erklärung bedürfen. Es wird nichts verwendet, was nicht bekannt ist und Unbekanntes wird erklärt. Bekannt ist meistens das Alltagsvokabular, weniger bekannt die lexikalen Begriffe. Satzbautechnisch sind es eher kurze Sätze mit maximal einem Komma. Jeder Satz soll dabei nur eine Aussage enthalten.

Wie hat eine Produktion einer Ausgabe „Einfach informiert“ ausgesehen?

Anfangs mussten wir uns als Team erst in den Ablauf einfinden, da es für alle ja ein neues Projekt war. Es hat sich aber sehr schnell eingespielt. Bei jeder neuen Zeitung hatten wir anfangs eine Redaktionssitzung. Hier haben wir Themen und die Textlängen besprochen. Danach hatte jeder Zeit zum Schreiben und hat die Texte in eine interne Cloud hochgeladen, sodass wir über die Texte drüber schauen konnten und ggf. noch Anmerkungen gemacht haben. Nach der Deadline haben wir alle an unsere Lektorin geschickt, diese war eine zertifizierte Übersetzerin für einfache bzw. Leichte Sprache. Gleichzeitig haben vor allem Menschen, von denen wir glaubten, dass sie unsere Zielgruppe sind, über die Texte gelesen. Von dieser „Prüfgruppe“ und der Lektorin haben wir dann auch noch einmal Feedback bekommen. Daraufhin gab es dann noch einen Abgabetermin für das Layout, damit alles rechtzeitig in den Druck gehen konnte.

Offensichtlich ist einfache Sprache zunehmend ein Thema in der Gesellschaft. Woran liegt das?

Forschung zu dem Thema gibt es leider noch sehr wenig. Ich denke nicht, dass es daran liegt, dass es mehr Menschen gibt, die einfache Sprache benötigen, sondern das Thema hat die Intention, alle zu erreichen. Jeder kann mal in eine Situation kommen, in der man einfacher Sprache bedarf. Beispielsweise kann das eine Stresssituation sein. Da wir das Thema wissenschaftlich betrachten, können wir auch den Aspekt der Wissenschaftskommunikation als Vergleich nehmen. Der Transfer von wissenschaftlichen Informationen an die Gesellschaft muss überdacht werden, und zwar um den Aspekt wie man miteinander redet. Dies sollte dann in einer Sprache erfolgen, die alle Beteiligten verstehen. Dort kann einfache Sprache ein wichtiges Mittel zur Kommunikation sein. Unser Wunsch war, eine Zeitung zu machen, die für alle verständlich ist. Alle bedeutet aber in diesem Fall mehr Leute, als es normalerweise der Fall ist. Unser Ziel war: Menschen erreichen, die sich schwer tun mit dem Lesen. Und zugleich soll auch jemand dem Lesen leichter fällt die Themen und deren Darstellung ansprechend finden.

Wie hat euch das Projekt im Alltag beeinflusst?

Wir haben einen neuen Blick bekommen. In erster Hinsicht, wenn wir selbst etwas schreiben, aber auch wenn wir unterwegs sind, z.B. auf Vorträgen. Hier ist uns schon öfter aufgefallen, dass man Sachen deutlich besser für alle kommunizieren kann. Das haben wir auch schon aktiv rückgemeldet. Oft fällt auch auf, dass Leute Wörter benutzen, die unnötig kompliziert sind. Manchmal kann man Sachen auch mit einem Fachwort präziser sagen, aber manchmal gibt es das Wort mit derselben Bedeutung auch in deutlich einfacher. So ein Projekt sensibilisiert für den Alltag. Oft fällt auf, dass die Verkomplizierung von Sätzen auch ein deutsches Problem ist. Die englischsprachige Literatur beispielsweise ist deutlich einfacher verständlich, weil die Schreibweise einfach nicht so kompliziert ist.

Zu welchen Ergebnissen seid ihr im Projekt gekommen.

Das schönste Ergebnis für uns war, dass die Menschen im Fragebogen unabhängig von den eigenen Lesefähigkeiten angegeben haben, dass ihnen die Zeitung gefällt, sie sie gut verständlich fanden und sie gerne gelesen haben. Zusätzlich fanden wir die Altersrange sehr groß. Wir hatten Berufsschulklassen dabei und das höchste angegeben Alter war 101. Wichtig war auch zu wissen, ob wir unsere vorher festgelegten Zielgruppen erreicht haben. Mit Auswertung des Fragebogens konnten wir zumindest feststellen, dass wir die älteren Menschen besser erreicht haben, aber die Nicht-Deutsch-Muttersprachler weniger. Zumindest lässt der Rücklauf des Fragebogens diese Vermutung zu. Wir haben abschließend noch Interviews geführt, auch mit unseren freiwilligen Helfern. Da sind die Daten aber noch nicht ausgewertet. Aber eine wissenschaftliche Arbeit wäre nicht wissenschaftlich, wenn sich nicht eine Menge interessanter Anschlussfragen stellen würden, an die noch andere Arbeiten anknüpfen könnten.

 

Nach vier Ausgaben ist erst mal Schluss mit dem Projekt. Sind weitere Auflagen geplant?

Unsere meisten freiwilligen Helfer würden sehr gerne weitermachen. Das ist sehr schön zu sehen, aber wir haben leider aktuell keine Finanzierung mehr. Es gibt trotzdem schon einige Ideen, wie das Thema aber weitergetragen werden kann. Zum Beispiel machen wir demnächst einen Workshop für Lehramtsstudierende, wie man Schüleraufgaben und Elternbriefe in einfacher Sprache verfasst. Es geht in anderen Projekten auf jeden Fall weiter und ist es nur jemand, der sagt er schreibt eine Seite im Amtsblatt in einfacher Sprache. Es war sehr cool, mit so vielen verschiedenen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen. Das Team war super und ohne es hätten wir das Projekt auch nicht stemmen können.