Ein Luxuszug, ein Mord und ein Ende mit Fragezeichen
Am 13. Juni hatte „Mord im Orientexpress“ im Kreuzgang Premiere
Feuchtwangen, 14. Juni 2024 – Mit der zweiten großen Abendpremiere der Feuchtwanger Festspiele wird es kriminell, denn es steht Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ auf dem Programm.
Die Krimikomödie in der Theaterfassung von Ken Ludwig feierte am 13. Juni im Kreuzgang seine erste Vorstellung. Lennart Matthiesen hat Regie geführt.
Das Setting ist glamourös und exotisch: Wir befinden uns am Bahnhof in Istanbul. Am Bahnsteig wartet nicht irgendein Zug auf seine Fahrgäste. Es ist der Orientexpress, ein legendärer Luxuszug. Nicht weniger erlesen sind die Mitreisenden, unter ihnen eine Gräfin, eine Prinzessin und Hercule Poirot, der berühmte belgische Detektiv (gespielt von Gerd Lukas Storzer).
Eine Gruppe unterschiedlichster Menschen kommt auf dieser Reise von Istanbul nach Calais zusammen, so bunt und so extravagant, dass der Direktor der Eisenbahngesellschaft Monsieur Bouc (Ulrich Westermann) bemerkt: „Man könnte ein Theaterstück über sie schreiben.“ – Und das ist es auch, was sich auf einzigartige Weise auf der Bühne in den folgenden Anderthalbstunden entfaltet: Ein großes Schauspiel, das strotzt vor Komik und stets das Theater mitdenkt. Der Zug auf der Bühne (Bühnenbild: Werner Brenner) und die beeindruckenden Kostüme (Heike Engelbert) sowie die wunderbar Krimi-Atmosphäre schaffende Musik (Michael Reffi) atmen Theater in jeder Szene, denn natürlich ist alles leicht, ist alles Spiel. Auch wenn es natürlich kommt, wie es kommen muss: Ein Mord geschieht. Mitten in der Nacht. Während der Orientexpress in den jugoslawischen Bergen in einer Schneewehe stecken bleibt. Am Morgen wird der unsaubere amerikanische Geschäftsmann Samuel Ratchett (Michael Grötzsch) erstochen in seinem Bett aufgefunden. Und natürlich ist klar: Der Mörder oder die Mörderin ist einer oder eine der Reisenden im Zug. Es kommt niemand hinaus und hinein in den Bergen im Schneesturm. Doch wer hat ein Motiv? Wer ist der Typ für einen Mord? Hector McQueen, der stotternde Sekretär des Ermordeten (Mario Schnitzler)? Die mondäne russische Prinzessin Dragomiroff (Helene Ruthmann)? Die etwas seltsame Missionarin Greta Ohlsson (Jaes Gärtner)? Der pflichtbewusste Schaffner Michel (Jan-Hednrik Wagner)? Die junge Mary Debenham (Meike Pintaske) und Oberst Arbuthnot (Joseph Reichelt), die eine heimliche Liebe ungeschickt zu verbergen versuchen? Die extravagante Helen Hubbard? Oder war die wunderschöne, kluge ungarische Gräfin Andrenyi (Kirsten Schneider) fähig, einen Mord zu begehen?
So konventionell der Krimiplot anfangs auch scheint, umso komplizierter wird er für den Ermittler Hercule Poirot je mehr Indizien er sammelt, je mehr Gespräche er mit den Reisenden führt. Doch er wäre wohl nicht der beste Detektiv der Welt, wenn er dem großen Geheimnis nicht auf die Spur kommen würde, das hinter allem steckt. Der konventionelle Aufbau, der scheinbar einen linearen Verlauf und damit einen nicht allzu komplexen Fall verspricht, wird von Agatha Christie bewusst eingesetzt: Um mit den kleinen Abweichungen eben genau jene Elemente zu platzieren, geschickt und unauffällig, die dazu führen, dass am Ende mehr Infrage steht als zu Beginn. Und dass die Enttarnung des Mörders oder der Mörderin nicht zur erhofften Wiederherstellung der Ordnung führt, die ein aufgeklärtes Verbrechen und die Bestrafung des Verbrechers in uns auslöst. Hat die Gerechtigkeit tatsächlich gesiegt? Es ist ein gutes Ende, aber eines mit Fragezeichen.
„Mord im Orientexpress“ ist bis zum 10. August 2024 bei den Kreuzgangspielen zu sehen. Alle Termine und Karten gibt es unter www.kreuzgangspiele.de
Quelle: Pressemitteilung, Stadt Feuchtwangen