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Ungleichgewicht im Ansbacher Stadtrat

Gleichstellungsbeauftrage der Stadt Ansbach meldet sich zu Wort

Ansbach, 14.05.2020 – Mit den Kommunalwahlen 2020 hat sich auch die Zusammensetzung des Ansbacher Stadtrates geändert. Darunter leidet die Quote der Frauen – ein Umstand, auf den die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ansbach Lisa-Marie Buntebarth in einem offenen Brief an die Fraktionen aufmerksam machen möchte.

Lisa-Marie Buntebarth, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Ansbach

Dass dieses Verhältnis das Ergebnis der Bürger aufgrund der Wahlen im März 2020 und somit eine demokratische Entscheidung ist, sei nicht die Debatte. Aber es sei nun umso mehr Aufgabe der Männer ihren Blick auf Themen wie den Einsatz für Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gleichstellung im Beruf, Lohngerechtigkeit und auf einen Umgang auf Augenhöhe zu richten, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte.

Den genauen Wortlaut des Briefes könnt Ihr hier nachlesen:

Offener Brief: Frauenanteil im Ansbacher Stadtrat gesunken

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Ansbacherinnen und Ansbacher wählten ihren neuen Stadtrat am 15.03.2020. Von den 40 neu zu besetzenden Plätzen im Stadtrat gingen sechs an Frauen und 34 an Männer. Kandidiert hatten hierfür 129 Frauen von 327 wählbaren Personen insgesamt.
Im Vergleich: dem vorhergegangenen Ansbacher Stadtrat hatten 7 Frauen angehört und auch das Amt der Oberbürgermeisterin war weiblich besetzt gewesen.

Somit hat sich der Frauenanteil in der Ansbacher Politik verringert. In den Jahren 2018 und 2019 wurde der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland vor 100 Jahren gedacht. Den einen war es ein Anlass zum Feiern, den anderen zum Mahnen. Vielerorts fanden Veranstaltungen und Aktionen statt und die Medien nahmen sich dem Thema in unterschiedlicher Aufbereitung an. Jedoch stets mit dem Blick auf „das hier und jetzt“. Nicht nur auf kommunaler Ebene, in Länderparlamenten, und beim Bund sowie in den Parteien selbst war über unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert und gestritten worden, wie eine paritätische Besetzung, zumindest aber eine Erhöhung des Frauenanteils in der politischen Vertretung möglich wäre.

Faktisch sinkt der Anteil der Frauen in vielen Parlamenten und politischen Vertretungen. Greifen wir nur einmal den Frauenanteil dieser drei letzten Wahlen heraus:

Der Frauenanteil im Deutschen Bundestag reduzierte sich von 36,5% auf 31,2%, im Bayerischen Landtag reduzierte sich der Anteil weiblicher Abgeordneter von mehr als 28% auf 27% und im Stadtrat müssen wir den Anteil von 17,5% in der neuen Wahlperiode nun mit 15% angeben.

Noch Ende Januar hatte eine kleine Gruppe des Ansbacher Frauennetzwerks eine nicht-repräsentative Befragung von Frauen auf der Straße durchgeführt, bei welcher sich 71% wünschten, dass sich der Frauenanteil auf 50% und mehr erhöhen würde. Das tatsächliche Ergebnis, 15%, ist mehr als enttäuschend. Bedeutet aber auch, dass die in Ansbach wahlberechtigten Frauen ebenfalls mehr Männern ihr Vertrauen schenkten als den weiblichen Kandidatinnen. Gerade auf Ebene der Kommunalpolitik leitet sich das für durchdachte Entscheidungen notwendige Wissen vielfach aus Alltagserfahrungen, direkter Inaugenscheinnahme und den Gesprächen mit den Menschen vor Ort ab und nicht aus dem Sachverstand und der vollumfänglichen Kenntnis der „großen Politik“. Wege der Entscheidungsfindung, lassen sich manches mal mit den Erfahrungen direkt vor der Haustür ableiten. Schade, dass dies den männlichen Kandidaten dennoch mehr zugetraut wurde, als den Weiblichen.

Daher ist und bleibt es im Ansbacher Stadtrat umso mehr Aufgabe der Männer ihren Blick auf Themen, wie den Einsatz für Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gleichstellung im Beruf, für Lohngerechtigkeit und einen Umgang auf Augenhöhe zu richten. Wichtig ist es gemeinsam gegen Frauenhass, gegen sexualisierte, häusliche und andere Formen von Gewalt gegen Frauen zu kämpfen. Und auch Auswirkungen der Pandemie, die, so zeigt sich, Frauen in vielerlei Hinsicht anders trifft als Männer, wahrzunehmen und nach Lösungen zu suchen. Entscheidungen müssen stets daraufhin geprüft werden ob sie sich auf die Geschlechter unterschiedlich auswirken und warum, so verlangt es auch unsere Gesetzgebung. Nur so und mit einem wertschätzenden Austausch können wir, auch hier vor Ort, eine Politik der Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit verwirklichen.

Mit freundlichen Grüßen

Lisa-Marie Buntebarth, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ansbach


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