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Eine Grund- und Mittelschule aus Bechhofen mit moderner Pädagogik

Von der Hand in den Verstand - Gibt es überhaupt eine praktisch orientierte Schule? Die Grund- und Mittelschule in Bechhofen geht bewusst auf anderen Wegen und bietet Praxis anstatt Frontalunterricht

Schülerprojekt der Lebenswerkstatt Bechhofen: Bauwagen

Die Grund- und Mittelschule in der kleinen Marktgemeinde Bechhofen mit knapp 6.300 Einwohnern im Landkreis Ansbach ist ganz anders als die typischen Einrichtungen in der Region mit Klassenzimmer und Lehrer vor der Tafel. Der Spatenstich für das Gebäude war 1970, zwei Jahre später zogen die ersten Schüler ein. Nun stand die Generalsanierung vor ein paar Jahren an. Nachdem viele Unternehmen schon lange die Schulpolitik bemängeln, entschlossen sich Bürgermeister Helmut Schnotz und die Gemeinde einfach, einen anderen, einen besseren Weg zu gehen. Sie holten die Lehrer mit ins Boot, um das Schulangebot deutlich verbessern zu können. So sollen die Schüler auf das wahre Leben vorbereitet werden.

„Die Lehrer und Schüler müssen in den Räumen arbeiten“, erklärt der Rathauschef. „Die große Frage war also: Wie wollen sie in Zukunft unterrichten? In diesem Moment hat sich das Kollegium auf den Weg gemacht.“ Bei Besuchen an Schulen in Südtirol, Österreich, Chemnitz und den Niederlanden schauten sich Lehrer, die auch in der Planungsgruppe der Marktgemeinde saßen, moderne pädagogische Konzepte an. „Die Ideen flossen in die Planung mit ein“, so Helmut Schnotz. Ein pädagogisches Fachplanungsbüro griff der Gemeinde unter die Arme. Knapp acht Millionen Euro kostete der Umbau, der Freistaat Bayern steuerte rund die Hälfte als Zuschuss bei. „Markt Bechhofen an der Heide. Grund- und Mittelschule. Lebenswerkstatt. Die praktische Schule“ steht in roter und blauer Farbe an der Frontseite auf dem Eingangsgebäude. Jedem Besucher stechen die Worte sofort ins Auge. 54 Lehrer unterrichten insgesamt 445 Schüler in Bechhofen. Da die Gemeinde als Mekka der Pinsel- und Bürstenproduktion in der Region gilt, zieht sich der Pinsel als Wegweiser komplett durch das Schulgebäude.

Haben die Schüler selbst gebaut: Palttenmöbel

Gleich im Erdgeschoss haben sich die Schüler aus alten Holzpaletten Tische und Bänke gebaut: Hier betreiben sie in Eigenregie ein Schülercafé. Alles wirkt hell und freundlich, aufgemotzt durch Pflanzen in bunten Übertöpfen. Noch spannender sind die einzelnen Etagen. Denn in drei Stockwerken sind die Klassen untergebracht. Offene Gänge sind als Marktplätze eingerichtet. Hier kommen Schüler zusammen, um sich zu besprechen oder gemeinsam zu lernen. Flexible und farbenfrohe Möbel, wie beispielsweise Hocker, lassen sich leicht verschieben, um Lerninseln zu bauen. Von den Marktplätzen aus schauen die Schüler durch große Schaufensterscheiben in die Klassenräume. Davor sind Sitzbänke mit Kissen, auf denen die Buben und Mädchen Platz nehmen können. Die Marktplätze sind komplett mit Teppich ausgelegt – das ist auch Teil des Konzepts. Schüler laufen mit Hausschuhen umher oder ganz schlicht auf Socken. Selbst Rektor Gerhard Bräunlein, der eine Ausbildung zum Werkzeugmacher vor seiner schulischen Laufbahn gemacht hat, trägt Hausschuhe. Insgesamt 85 Computer sind quer durch alle Altersstufen in der Grund- und Mittelschule verteilt. Recherche ist jederzeit möglich.

Die gründlich umgestaltete Schule

Selbstgebaute Lernpulte ermöglicht es Schülern mit ADHS (= Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) am Unterricht im Stehen teilzunehmen. Das praktische Lernen steht in der Schule im Vordergrund. Die Buben und Mädchen setzen Ideen und Projekte um. Bei der Durchführung helfen Elektriker, Holzfachleute oder Imker. Mittlerweile übernimmt die Schule auch Auftragsarbeiten – wie aktuell Nistkästen für die Stadt Ornbau. „Von der Hand in den Verstand“, stellt Rektor Gerhard Bräunlein fest. Die Schüler berechnen ihre Arbeiten selbst, bestellen das Holz und fertigen dann ihre Stücke an, wie beispielsweise eine Laterne für den Weihnachtsmarkt. Eingebunden sind gleich mehrere Fächer: Mathematik, Deutsch, Werkunterricht und Kunst. Ein Wochenplan macht es möglich, dass sich Schüler zu gewissen Zeiten mit ihren praktischen Arbeiten beschäftigen. „Wir bereiten unsere Schüler auf das Handwerk vor“, sagt Rektor Bräunlein. Ob nach einer Ausbildung noch ein Studium folgt, bleibt den Schülern selbstverständlich selbst überlassen. „Aber sie haben bei uns und ihrer Ausbildung gelernt, den Menschen aus der Praxis auf Augenhöhe zu begegnen“, so Helmut Schnotz. Im obersten Stockwerk hat Schulschildkröte Hans seinen Platz gefunden. Selbstverständlich in einem selbstgebauten Gehege, weitläufig aus Holz und vollgesteckt mit Salat. Das nächste Bauprojekt ist ein Anbau sowie die Sanierung eines Pausenraums und der Turnhalle: Denn die Schule ist beliebt.

Schülerprojekt der Lebenswerkstatt Bechhofen: Tipizelte

Ein Leuchtturmprojekt
Während in vielen fränkischen Städten und Gemeinden der Widerstand gegen Windräder wächst und die Streitigkeiten am Ende sogar vor Gericht landen, haben Schüler in Bechhofen vor drei Jahren einen anderen Weg eingeschlagen. Zwölf Jugendliche aus der siebten bis neunten Jahrgangsstufe tüftelten unter Hochdruck an einem Projekt, das sich genau um das oft strittige Thema dreht: ein kleines Windrad. Die Anlage liefert Strom für die selbstgebauten Tipi-Zelte auf dem Gelände der Schule und einen Bauwagen, die natürlich auch in Eigenleistung entstanden sind. Mit ins Boot holte sich die Grund- und Mittelschule Studenten der Hochschule Triesdorf sowie das Ansbacher Unternehmen Oechsler AG. Die Studenten bauten zusammen mit den Schülern den Generator und führten Messungen durch. Die Azubis des kunststoffverarbeitenden Betriebs waren für die Gondel zuständig. Die Schüler fertigten unter Anleitung die geschnitzten Holzflügel des Windrads, den Brückengleichrichter und den Generator. Ob Bohren, Schweißen, Hobeln oder Sägen: Die Schüler haben das volle Programm – handwerklich gesehen – mitgemacht. Die Kleinwindkraftanlage hat eine Leistung von 800 Watt, sie ist rund achteinhalb Meter hoch und die Rotorblätter sind eineinhalb Meter lang. Die Energie speichern zwei große Batterien in einem Schaltschrank unter der Anlage. Ein Leuchtturm-Projekt in der Region.

Bildnachweis: BLMAG; Quelle: Business Lounge Magazin

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