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„Ich bin keine leichte Beute!“ – Ein Selbstbehauptungskurs mit 25 Frauen und einem Mann…

Ein Erfahrungsbericht mit Bildern

„Wir erzählen Ihnen heute nichts, was Sie nicht schon wissen“, beginnt Hauptkommissar Rudi Scharrer um 18 Uhr den Selbstbehauptungskurs. 25 Frauen haben sich auf unsere Veranstaltungsankündigung hin für diesen angemeldet und sind am 5. September in die Ansbacher Realschule gekommen. Junge Frauen und ältere, kleinere und größere, sportliche und weniger sportliche – und doch mit einer Gemeinsamkeit: Alle wollen wissen, wie man sich als Frau wirkungsvoll gegen einen Angriff zur Wehr setzen kann. Wie reagiere ich auf einen Überfall?

„Es kommt nicht auf das Alter, Geschlecht oder die Körpergröße an“, erklärt Scharrers Kollegin Pamela Schmidt den Teilnehmerinnen, die im Halbkreis vor ihr sitzen. Sie selbst eine Polizistin, die vor nichts Angst zu haben scheint, eine Frau, die mitten im Leben und fest auf dem Boden steht. Durchtrainiert, mit wachem Blick, einer selbstbewussten Ausstrahlung und – wie wir nach wenigen Minuten feststellen können – einer lauten und bestimmten Stimme: „Grüß Gott! Möchten Sie wissen, wie spät es ist?“ So Hauptkommissarin Schmidt in der Rolle der Verfolgten, während sie sich blitzschnell zu ihrem Verfolger umdreht. „Dann gehen Sie bitte weiter“, sagt sie mit fester Stimme und deutet ihm den Weg.

Als „Tat-Schock-Umkehr“ bezeichnet man diese Methode, mit der potenzielle Täter aus dem Konzept gebracht werden. Der Angreifer hatte sich einen Plan zurechtgelegt, wie er sein Opfer schnell, leise und ohne Gegenwehr (denn darum geht es ihm in der Regel) überwältigen kann, und ist nun so zumindest für ein paar Sekunden perplex. Sekunden, die die Verfolgte für sich nutzen kann.

Es sei wichtig, die Situation zuvor schon im Kopf durchgespielt zu haben, betont Schmidt.

Und auch im Bezug auf das Thema Pfefferspray ermuntert sie zum Üben. „Kaufen Sie sich zwei von den Dingern: Eines stecken Sie in die Handtasche. Mit dem anderen probieren Sie es aus! Auch das beste Spray ist nutzlos, wenn man ahnungslos oder unsicher im Umgang ist.“ – Weil Schmidt aber die klassische Damenhandtasche wie ihre Westentasche kennt, legt sie nach: „Im Fall der Fälle werden Sie keine Zeit haben, das Spray aus Ihrer Tasche zu fummeln. – Also: Halten Sie es in der Hand oder stecken Sie es in die Jackentasche, damit Sie es schnell griffbereit haben.“ Und dann bekommen wir noch einen wirklich wichtigen Tipp: „Benutzen Sie den Daumen zum Sprühen, auf diese Weise können Sie viel besser zielen.“ Daumen hoch dafür!

Wir lernen, dass Kommunikation keine Einbahnstraße ist, dass Schubladendenken nicht immer schlecht sein muss, dass Gewalt individuell ist, und dass Flucht noch immer die beste Form ist, Gewalt zu entgehen.

Stell Dir vor, Du bist alleine im Dunkeln von der Arbeit oder der Disco auf dem Weg nach Hause… Ein wenig Sicherheit und auf jeden Fall ein sichereres Gefühl geben dabei sogenannte Heimweg-Apps, wie beispielsweise Companion, WayGuard oder KommGutHeim.

Ebenfalls hilfreich für den Nachhauseweg: Nachts den Busfahrer bitten, zwischen Stationen zu halten.

Nach einer kurzen Pause ziehen wir um in die Aula, schließlich sollen wir nun selbst Hand oder Fuß anlegen…, aber zu allererst die Stimme zu erheben. Schließlich müsse man dem Täter kurze, deutliche und positive Befehle geben: „Gehen Sie zurück!“, „Hören Sie auf!“, „Lassen Sie mich los!“ Der Tipp der Polizei: Den Täter siezen, das zeigt potentiellen Helfern, dass es ein Angriff unter sich Fremden ist.

In erster Linie geht es darum, erst gar nicht in solch brenzlige Situationen zu kommen“, sagt Polizeihauptkommissar und Präventions-Experte Rudi Scharrer. Das wirksamste Mittel sei es, durch Haltung und Körpersprache deutlich zu signalisieren: „Ich bin keine leichte Beute, kein Opfer, also leg Dich nicht mit mir an!“

Kommt es trotzdem zum Ernstfall und einem Angriff, dann ist massive Gegenwehr angesagt, schließlich geben 85 Prozent aller Täter dann auf.

Zeit, jemandem mal ordentlich vors Schienbein zu treten. Das tun wir dann auch.

Wir bedanken uns herzlich bei Pamela Schmidt und Rudi Scharrer, die uns in gut drei Stunden, in Theorie und Praxis und vor allem auf unterhaltsame Weise ein doch ernstes Thema ein Stückchen näher gebracht haben.

Wir sind uns sicher, dass jede Teilnehmerin für sich etwas mitgenommen hat, das ihr ein besseres Gefühl gibt oder ihr im Fall der Fälle hilfreich ist.