Demenz: Den Krankheitsverlauf verlangsamen
Die Diakonie Neuendettelsau bietet das Therapieprogramm „MAKS aktiv!“ ambulant an
Durch das Therapieprogramm „MAKS aktiv!“ kann der Krankheitsverlauf Demenzkranker verlangsamt werden. Das Team von Prof. Dr. Elmar Gräßel hat in ihrer Studie „Psychosoziale MAKS-Therapie für Menschen mit Demenz in der Tagespflege“ eine ähnliche Wirkung nachgewiesen wie bei Medikamenten. Für diese Studie wurde das Team jetzt mit dem „Dr. Theo und Friedl Schöller-Preis 2018“ ausgezeichnet, der mit 20.000 Euro der am höchsten dotierte Preis in der deutschen Altersmedizin ist. Einmal in der Woche bietet die Diakonie Neuendettelsau MAKS aktiv im Rahmen der Entlastungsleistung der kreativen Betreuungsgruppe für Demenzkranke an, die im eigenen Zuhause gepflegt werden. Wir waren einen Nachmittag lang dabei.
Von Marlene Schmidt und Amanda Müller
Demenz ist nicht heilbar, das Voranschreiten der Symptome kann aber durch Medikamente oder bestimmte Therapien verlangsamt werden. Eine davon ist das nicht-medikamentöse Behandlungsprogramm „MAKS aktiv!“. Was genau das ist und wie es Demenzkranken dabei hilft, besser mit ihrer Krankheit umzugehen, wollen wir uns heute anschauen und treffen uns dazu mit Christiane Schuh, einer Fachkraft für Gerontopsychiatrie. Sie ist Mitglied der Diakonischen Schwestern- und Brüderschaft (DSB) und leitet und organisiert die kreative Betreuungsgruppe, in der das „MAKS aktiv“-Konzept angeboten wird.
„Unser Ziel ist es, demenzkranken Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags zu helfen sowie die vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten“, erklärt Christiane Schuh. „Im Laufe der Krankheit tauchen immer mehr Probleme im Alltag auf. Es wird schwer, den Tagesablauf zu gliedern und mit der Zeit geht auch die Selbstständigkeit verloren“, erzählt sie.
MAKS – motorisch, alltagspraktisch, kognitiv und sozial
Gemeinsames Kochen, Gedächtnistraining und Gymnastik mit dem Ball: Das Therapieprogramm „MAKS aktiv!“ spricht die Motorik, Alltagspraxis, Kognition und soziale Kompetenz an. Es bewirkt, dass die Hirn- und Gedächtnisleistung der Erkrankten verlangsamt abbaut und länger stabil bleibt.
Höchstens neun Menschen werden in die kreative Betreuungsgruppe der Diakonie Neuendettelsau aufgenommen. Pro Stunde sind immer eine Gerontopsychiatrische Fachkraft und drei ausgebildete Helfer für sie da. „So kann sichergestellt werden, dass auch jeder Mensch genügend Zeit erhält“, erklärt Christiane Schuh. Nach dem Ankommen im Stuhlkreis beginnt Christiane Schuh den Nachmittag mit einer spirituellen Einheit, bestehend aus einer kleinen Andacht und einem gemeinsam gesungenen Lied. Noch während sie ein paar Sätze spricht, fällt ihre Aufmerksamkeit auf eine ältere Frau, die sie mit großen Augen anschaut. „Können Sie mich heute nicht so gut verstehen?“, fragt sie und die Dame nickt. „Sie können sich auch auf den Stuhl neben mich setzen, dann hören sie mich besser“, bietet sie der Seniorin an und Helferin Renate Unger steht auf und hilft beim Platzwechsel. Während Christiane Schuh den Liedtext vorliest, steht auch Rudolf Kupser auf und nimmt einem älteren Herrn das leere Wasserglas ab. Auch er ist einer der heutigen Helfer und achtet wie Renate Unger und Jutta Großberger darauf, dass die Demenzkranken alles haben, damit sie sich wohlfühlen. Wie sie das umsetzen können, haben sie während einer Schulung gelernt, die die Voraussetzung dafür ist, das Projekt als Helferin oder Helfer zu betreuen.
Nach der Andacht stehen die Motorik und alltagspraktische Übungen auf dem Programm. Heute dreht sich alles um das Thema „Herbstfarben“. Je nach Jahreszeit entwickelt Christiane Schuh ein Betreuungsprogramm, bei dem sich die Demenzkranken aktiv mit einbringen können. Neben der Aktivierung der Sinne soll ihnen auch das Gefühl vermittelt werden, gebraucht zu werden und einen Platz in der Gesellschaft zu haben. In dem geschlossenen Rahmen erfahren die Demenzkranken Sicherheit und Wohlbefinden. „In erster Linie soll ein schöner Nachmittag verbracht werden“, betont Christiane Schuh. „Demenzkranke merken, dass sie einige Dinge nicht mehr so gut können wie früher. Sie schämen sich, nicht mehr zu wissen wie man Schuhe bindet oder den Kaffeeautomaten bedient. Viele bleiben deswegen lieber zuhause“, erzählt sie. Wenn sich Demenzkranke dazu entscheiden, regelmäßig in die kreative Betreuungsgruppe zu kommen, freut sie sich. „Das zeigt uns, dass sie sich hier wohl fühlen“, betont sie. Einmal in der Woche treffen sich die Erkrankten zusammen mit mindesten einer Gerontopsychiatrischen Fachkraft und drei ausgebildeten Helfern, um das Therapieprogramm klar strukturiert und unter Berücksichtigung jedes Einzelnen zu erleben. Oft wird in Bezug auf die menschlichen Bedürfnisse gearbeitet. Zusammen kochen die demenzkranken Menschen Marmelade, backen Kuchen oder beschäftigen sich mit bekannten Spielen, die sie auch in Bewegung halten. Es wird gemeinsam getanzt, gestaltet, gebastelt oder gemalt. Zu dem hören sie Musik und erzählen sich Geschichten, die ihnen je nach Thema in den Sinn kommen.
„Wir legen großen Wert auf einen liebevollen Umgang mit den Demenzkranken und achten darauf, dass wir ihnen Freude bereiten“ so Christiane Schuh. Entwickelt wurde „MAKS aktiv!“ 2008 von Prof. Dr. Elmar Gräßel, dem Leiter des Zentrums für Medizinische Versorgungsforschung der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen. Die Abkürzung „MAKS aktiv“ steht für motorische, alltagspraktische, kognitive und spirituelle Aktivierungstherapie. Erstmalig erprobt wurde es unter anderem in sechs Einrichtungen der Diakonie Neuendettelsau. „Das Betreuungsprogramm wurde ein Jahr lang an sechs Tagen in der Woche durchgeführt und konnte zahlreiche Erfolgserlebnisse aufweisen“, so Christiane Schuh. Seitdem bietet die Diakonie Neuendettelsau es noch dreimal in der Woche für den stationären Bereich an. „Ambulant gibt es bisher leider wenig Möglichkeiten, dabei dürfen die Menschen, die zuhause gepflegt werden, nicht vergessen werden“, betont Schuh. Deswegen gibt es die kreative Betreuungsgruppe.
Die Gruppe wird als Entlastungsangebot für pflegende Angehörige vom Bayrischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert. Die Kosten können bei bestehendem Pflegegrad über das Budget des Entlastungsbetrages finanziert werden. Weitere Infos erhalten sie bei der Fachstelle für pflegende Angehörige unter Tel. 09874 8-5555 oder im Internet unter www.diakonieneuendettelsau.de/senioren/beratung-betreuung-entlastung/ansbach/
Quelle: Diakoniewerk Neuendettelsau