Ausbildung trotz Handicap: „Es läuft alles ganz normal.“
Weißenburg, 04.12.2019 – Die Woche der Menschen mit Behinderung vom 02. bis 06. Dezember 2019 soll Arbeitgebern Mut machen, auch Menschen mit Handicap zu beschäftigen. Wie gut das gelingen kann, zeigt das Beispiel von Helene Sarres: Die gehörlose junge Frau hat bei bei der NIFCO Germany GmbH in Weißenburg einen Ausbildungsplatz als Industriekauffrau gefunden.
Die 17-jährige Weißenburgerin ist von Geburt an taub. Cochlea-Implantate übernehmen jedoch die Funktion der beschädigten Teile des Innenohrs. Zusätzlich kann sie von den Lippen ablesen. Im Alltag merkt man deshalb von ihrer Behinderung fast nichts. Helene ging in die Realschule in Weißenburg, erwarb die mittlere Reife und wollte unbedingt Industriekauffrau werden. Diese klare Entscheidung hat sie durch Praktika in unterschiedlichen Bereichen gefestigt. Sie war zum Beispiel im Kindergarten, in der Apotheke und in verschiedenen Industriebetrieben. Danach hatte sie mehrere Angebote zur Auswahl und hätte auch im öffentlichen Dienst Chancen gehabt.
Helene entschied sich jedoch ganz klar für die NIFCO Germany GmbH, nicht einmal wegen des Produkts, sondern weil sie sich im Praktikum sehr wohl gefühlt hat. „Die Kollegen waren sehr nett und haben mir sofort etwas zugetraut“, sagt sie. Ein Kriterium war auch, dass der Betrieb in Weißenburg ansässig ist. Momentan fährt Helene noch mit ihrer Vespa ins Industriegebiet, ist aber dabei, den Führerschein zu machen.
Behinderung spielt keine Rolle Das Praktikum war auch für Michaela Gabler, Ausbilderin bei der NIFCO Germany GmbH, ausschlaggebend. „Wir wollten sie einstellen, weil sie die Helene ist“, sagt sie. Ihre Behinderung spielte dabei keine Rolle. Weder wollte man explizit jemanden mit Behinderung einstellen, um die Schwerbehindertenquote besser zu erfüllen, noch war NIFCO besonders an Zuschüssen interessiert. Das ist jetzt ein Nebeneffekt, denn die Agentur für Arbeit zahlt für Helene einen Ausbildungszuschuss von monatlich rund 215 Euro. Theoretisch könnten auch ein besonderes Telefon oder andere technische Hilfsmittel finanziert werden. Doch das ist aktuell nicht notwendig, denn Helene telefoniert auch ohne eine spezielle Ausrüstung. Überhaupt läuft alles „ganz normal“, wie Michaela Gabler betont. Helene absolviert die praktische Ausbildung im Betrieb und besucht die Berufsschule in Gunzenhausen – wie alle anderen Azubis auch.
Zusätzliche Fachkräfte, motivierte Mitarbeiter Helene Sarres und die NIFCO Germany GmbH zeigen, wie die Integration von Menschen mit Behinderung gelingen kann: Arbeitnehmer und Betrieb müssen zueinander passen. Das ist auch die Botschaft der bundesweiten Aktionswoche. Es sollen Vorurteile abgebaut werden. So können Arbeitgeber zusätzliche Fachkräfte – oder in dem Fall Auszubildende – gewinnen. Denn Menschen mit Behinderung sind nicht generell weniger leistungsfähig. Vielmehr sind sie richtig eingesetzt sehr motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Chance engagiert nutzen. Es gibt vielfältige Förder- und Beratungsangebote.
Der Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit steht Firmen für Fragen und die Meldung offener Stellen gerne zur Verfügung (Telefon 09141/871-169 für Weißenburg-Gunzenhausen; 09171/841-28 für Roth oder E-Mail: Weissenburg.Arbeitgeber@arbeitsagentur.de). Auch Bewerber können sich über bestehende Möglichkeiten informieren; online unter www.arbeitsagentur.de oder unter der Hotline-Nummer 0800/4 5555 00.