Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung – das ist wichtig
Ein Unfall oder eine Krankheit kann jeden egal welchen Alters treffen. Wer sich bereits im Vorfeld mit Vorsorgefragen auseinandergesetzt hat, tut sich und seinen Angehörigen einen großen Gefallen. Vor allem die Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollte jeder ausgefüllt haben, so die Empfehlung der Experten.
Der Leiter der Betreuungsstelle Sven Hildebrandt vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen dazu im Interview:
Herr Hildebrandt, Sie empfehlen jedem, also auch jüngeren Menschen, eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auszufüllen, warum?
Wir alle gehen oft davon aus, dass unser Leben so weitergeht, wie es eben bis jetzt verlaufen ist. Wenn dann ein traumatisches Ereignis, eine Krankheit oder ein Unfall all unsere Pläne und Erwartungen zunichtemacht, ist es oft zu spät, um noch vorzusorgen. Solche Ereignisse können natürlich auch jüngere Menschen treffen. Gerade als junger Mensch fühlt man sich oft gegen solche Schicksalsschläge gefeit, was leider nicht der Fall ist.
Worin liegt der Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung?
Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer Sie einmal rechtlich vertreten soll, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Das kann von Verträgen, dem Vermögen, den Behörden bis zur Gesundheit alles sein.
Mit der Patientenverfügung erklären Sie, welche medizinischen Maßnahmen Sie akzeptieren und welche Sie ablehnen. Die Patientenverfügung richtet sich also an alle Ärzte und das Pflegepersonal. Man erklärt damit den eigenen Patientenwillen. Dieser ist auch dann bindend, wenn Sie sich dazu nicht mehr äußern können. Am schönsten wäre es sicherlich, wenn Sie keines von beiden jemals brauchen.
Wie müssen die Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung aussehen, damit sie ausreichend konkret formuliert und damit gültig sind?
Grundsätzlich können Sie eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung auch selbst erstellen und formulieren. Die Gefahr hier rechtlich unsauber oder schlichtweg falsch zu handeln ist aber ziemlich groß. Daher wäre es ratsam, einen entsprechenden Vordruck zu benutzen.
Gerade bei einer Patientenverfügung ist es vorteilhaft, zusätzlich zum Vordruck auch in eigenen Worten aufzuschreiben, was man sich wünscht, z. B. lebensverlängernde Maßnahmen, künstliche Ernährung, etc.
Beide Dokumente werden direkt mit der Unterschrift gültig, wenn man zu diesem Zeitpunkt noch geschäftsfähig und einwilligungsfähig ist.
Wo erhalte ich die Vordrucke?
Formulare dazu gibt es in Hülle und Fülle. Davon sind leider nicht alle gut geeignet. Zu empfehlen sind Vordrucke, die vom Justizministerium erstellt werden oder auf deren Vordruck basieren. Das ist zum Beispiel auch bei den Formularen in der Notfallmappe unseres Landkreises gegeben. Diese erhält man kostenlos im Landratsamt oder bei den Gemeinden. Eine ziemlich runde Sache, wie ich finde.
Bestehen auch Risiken für mich, wenn ich eine Vorsorgevollmacht ausgestellt habe?
Es kann auch vorkommen, dass Sie und Ihre Vertrauensperson zum Beispiel im selben Auto saßen, das einen Unfall hatte. So tragisch das ist, wird jetzt auch die Vollmacht nicht mehr greifen können. Es sei denn, Sie haben einen oder mehrere Ausfallbevollmächtigte benannt. Das empfehlen wir grundsätzlich jedem.
Ein anderes Problem ist, dass der Bevollmächtigte zunächst durch niemanden überwacht wird. Sie selbst werden dazu wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sein und später können nur die Erben Rechenschaft verlangen. Dann ist es aber zu spät. Auch hier wäre deswegen ein weiterer Bevollmächtigter sinnvoll, denn dann können diese sich auf die Finger schauen und unterstützen.
Das heißt, ich kann auch zwei Bevollmächtige festlegen?
Ja, es können beliebig viele Bevollmächtigte von Ihnen bestimmt werden. Es ist aber ratsam diese Personen in eine Hierarchie zu setzen, zum Beispiel „Ich bestimme als weitere Ausfallbevollmächtigte in folgender Reihenfolge….“ Ansonsten könnten beispielsweise Ihre drei Kinder nur zusammen entscheiden, das wiederum blockiert aber in der Praxis die Vertretung deutlich.
Was kann passieren, wenn ich mich um keine Vorsorgevollmacht gekümmert habe?
Wenn Sie nicht vorgesorgt haben und Sie dennoch in die Lage kommen, sich nicht mehr selbst vertreten zu können, dann muss das Amtsgericht einen Betreuer für Sie bestellen. Das kann durchaus viel Geld kosten, was von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. Sollte dem Gericht nicht bekannt sein, wen Sie als Betreuer möchten oder sollte etwas gegen dessen Eignung sprechen, wird es einen anderen Betreuer bestellen. Gerade dieser Punkt ist für die meisten Menschen recht beunruhigend, denn es liegt nun nicht mehr in der eigenen Hand, wer einen vertritt.
Welche Rolle spielt dabei die Betreuungsverfügung?
Eine Betreuungsverfügung nimmt Einfluss auf die durch ein Gericht anzuordnende Betreuung. Es können darin Wünsche hinsichtlich der Lebensgestaltung im Falle einer Betreuung festgelegt werden.
Die Betreuungsverfügung basiert in erster Linie nicht auf Vertrauen, auch unterliegt die Betreuungsverfügung gesetzlichen Beschränkungen und der gerichtlichen Überwachung. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Vorsorgevollmacht.
Wann muss die Vorsorgevollmacht eine besondere Form haben?
Bei Vorsorgevollmachten gibt es drei Möglichkeiten:
1. Sie können einen Vordruck unterschreiben – damit ist die private Vollmacht gültig. Für Überweisungen reicht die normale Vorsorgevollmacht.
2. Für einige Rechtsgeschäfte, wie beispielsweise die Veräußerung einer Immobilie benötigen Sie eine öffentlich beglaubigte Vollmacht. Diese spezielle Beglaubigung kann nur die Betreuungsstelle des Landratsamtes oder ein Notar durchführen.
3. Und zuletzt gibt es noch die notarielle Urkunde. Das ist für alle zu empfehlen, deren Situation etwas komplizierter ist. Beispielsweise weil die Geschäftsfähigkeit nicht ganz klar ist, man schwierige Vermögensanlagen hat oder eine GmbH führt.
Wo soll die Vollmacht/Patientenverfügungen aufbewahrt werden?
Der Vollmachtgeber sollte seine Vollmacht zu seinen wichtigen Unterlagen geben und dem Bevollmächtigten erklären, wo er sie finden kann. Zur Sammlung eignet sich auch die Notfallmappe des Landkreises.
Falls man Sorge hat, das Formular zu verlieren, wäre eine notarielle Beurkundung denkbar. Dann verbleibt das Original beim Notar.
An wen sollte ich mich wenden, wenn ich beim Ausfüllen der Formulare unsicher bin?
Zu empfehlen wären hier die Betreuungsvereine wie Caritas oder AWO und die Betreuungsstelle des Landkreises. Die Beratung in solchen Angelegenheiten ist kostenlos. Natürlich kann man sich auch an einen Notar oder Rechtsanwalt wenden.
Im Bereich der Patientenverfügung ist das Gespräch mit dem Hausarzt ebenso empfehlenswert.
Wir kommen nun zum Ende unseres Interviews, haben Sie noch einen abschließenden Tipp?
Wählen Sie als Bevollmächtigten eine Person, der Sie völlig vertrauen, denn diese Person könnte beispielsweise Ihrer Operation zustimmen, Ihre Wohnung auflösen und Ihr Geld verwalten.
Zudem sollten Sie unbedingt mit der Person, die Sie später vertreten soll, reden. Im besten Fall wird daraus ein interessanter Abend mit tiefgreifenden Gesprächen. Diese Vertrauensperson sollte Ihre Vorstellungen und Wünsche kennen.
Besser Sie haben vorgesorgt und Sie brauchen es nicht, als anders herum.
Sven Hildebrandt ist seit April 2017 der Leiter der Betreuungsstelle am Landratsamt. Zum 1. Oktober 2019 wechselt er aus privaten Gründen zum Landratsamt Helmstedt. Seine Nachfolgerin wird Susanne Marthol. Sie ist seit über 20 Jahren im sozialpädagogischen Fachdienst im Jugendamt des Landratsamtes tätig. Ihren Dienst in der Betreuungsstelle tritt sie zum 01. Oktober 2019 an, damit ist ein reibungsloser Übergang gewährleistet.
In der Notfallmappe des Landkreises ist ein Notfallheft enthalten, in welches man wichtige Dinge, wie Versicherungen und Vereinsmitgliedschaften, eintragen kann. Außerdem sind darin die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und ein Notfallpass zu finden. Alle Dokumente können auch darin aufbewahrt werden.
Die Notfallmappe ist an der Infotheke im Landratsamt erhältlich. Die Vordrucke können auch unter www.altmuehlfranken.de/notfallmappe heruntergeladen werden.
Quelle: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen