Treuchtlingen: +++ Verkehrsunfallstatistik 2019 für den Dienstbereich der Polizeiinspektion Treuchtlingen +++
Am Freitag, 29.11.2019, gegen 13.15 Uhr, geriet ein 19-jähriger Pkw-Fahrer aus Oberfranken auf der B 2, zwischen der Abfahrt Schambach und der Abzweigung nach Osterdorf, aus ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn und prallte dort mit einem Sattelzug zusammen. Der junge Mann wurde schwerstverletzt von der Feuerwehr mit der Rettungsschere aus dem total deformierten Kleinwagen herausgeschnitten und mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum Ingolstadt geflogen, wo er in der Nacht seinen schweren Verletzungen erlag.
Die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle stieg im Jahr 2019 um 41 auf 862 Unfälle an, was eine Steigerung von 5 % bedeutet. Bevor die Verkehrsunfallstatistik des Jahres 2019 beleuchtet, erläutert und bewertet wird, eine kurze Erklärung der kategorisierten Verkehrsunfälle und deren Bedeutung:
Verkehrsunfall mit Personenschaden (VUPS). Dies wird erfasst wenn mindestens ein Verkehrsteilnehmer getötet oder verletzt wurde. Ein schwerwiegender Verkehrsunfall mit Sachschaden (VUSA) liegt vor, wenn nach den Feststellungen der Polizei als Unfallursache eine Verkehrsordnungswidrigkeit gegeben ist, bei der im Bußgeldkatalog eine Geldbuße festgesetzt ist oder eine Straftat im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr gegeben ist. Ein sonstiger Verkehrsunfall mit Sachschaden (VU-Kurzaufnahme) wird registriert, wenn von der Polizei keine oder nur eine geringfügige Verkehrsordnungswidrigkeit, die verwarnt werden kann, festgestellt wird. Die Schadenshöhe ist dabei unerheblich. In diese Kategorisierung fallen regelmäßig auch die Wildunfälle. Diese schnellten im Jahr 2019 auf 412 (Vorjahr 341) hoch, was den absoluten Höchststand der letzten 10 Jahre bedeutet. Schlüssige Erklärungsansätze für die hohe Zahl von Wildunfällen können hier aber auch die für die Jagd Verantwortlichen beziehungsweise die Verkehrsunfallkommission nicht liefern.
Wie eingangs kurz erwähnt war im Jahr 2019 wie im Vorjahr ein Verkehrstoter zu beklagen. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden fiel im Jahr 2019 mit 61 (Vorjahr 76) auf den niedrigsten Stand der letzten 10 Jahre. Hierbei wurden 20 Beteiligte schwer (Vorjahr 35) und 62 (2018: 72) leicht verletzt. Dies bedeutet trotz erhöhter Unfallzahlen eine äußerst positive Entwicklung, da die Zahl der Schwerverletzten um 42,86 % zurückging, was fast eine Halbierung bedeutet. Der prozentuale Rückgang der Leichtverletzten beträgt 13,89 %. Insgesamt wurden also im Jahr 2019 bei Verkehrsunfällen 82 Personen (Vorjahr 107) verletzt, was annähernd ein Viertel weniger Verletzte bedeutet.
Bei allen nüchternen Zahlen sollte man sich immer wieder vor Augen führen, welches unermessliche Leid und Schicksal hinter jedem Toten oder Schwerverletzten steht. Der Schwerpunkt unserer Verkehrssicherheitsarbeit, aber auch der beteiligten Behörden und Institutionen muss also sein, die Hauptunfallursachen (überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit, Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren, Nichtbeachten des Vorranges oder der Vorfahrt, falsche Straßenbenutzung bzw. Nichtbeachten des Rechtsfahrgebotes, ungenügender Sicherheitsabstand, Alkohol und Drogen) zu bekämpfen und so die Anzahl der Verkehrstoten und Verletzten zu senken.
Ein ganz besonderes Augenmerk sollte auf die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer gelenkt werden. Sehr viele Verkehrsteilnehmer nutzen Handy und sonstige elektronische Geräte bei der Fahrt, werden dadurch abgelenkt, mit teilweise schrecklichen Folgen für sich, aber auch andere. Ein Blick aufs Handy bei 100 km/h bedeuten 83,3 Meter „im Blindflug.“ Hier ist es unsere vorrangigste Aufgabe mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegenzusteuern.
Die klassische Hauptunfallursache bei Verkehrsunfällen mit Toten oder Verletzten ist im Bereich der PI Treuchtlingen, wie überall anders auch, zu schnelles Fahren. Jeder Einzelne trägt Verantwortung im Straßenverkehr für sich und andere und jeder muss sich bewusst sein, dass Geschwindigkeit über Leben und Tod entscheiden kann. Hier muss ebenfalls angesetzt werden, indem die Geschwindigkeitsmessungen weiter forciert werden und Verkehrsteilnehmer „rund um die Uhr“ mit Kontrollen rechnen müssen. Hier wird auch Kontakt zur Verkehrspolizeiinspektion Ansbach und zu den Verantwortlichen der kommunalen Verkehrsüberwachung gehalten, die beide auch in unserem Dienstbereich Radarmessungen durchführen. Durch die Senkung des Geschwindigkeitsniveaus um 1 km/h kann nach einer Studie des ETSC (European Transport und Safety Council) die Anzahl der Verkehrsunfälle um 4 Prozent reduziert werden.
Mit ein paar vergleichenden Zahlen und plakativen Feststellungen soll noch kurz verdeutlicht werden, welchen Stellenwert die Verkehrssicherheitsarbeit einnehmen muss. In Bayern kommen jährlich fast 10-mal so viele Menschen bei Verkehrsunfällen um, wie durch Mord oder Totschlag. Statistisch gesehen ist jeder dritte Bayer in seinem Leben an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt. Rasen, Drängeln, Alkohol und Drogen töten Menschen. Verkehrsüberwachung kann Menschenleben retten. Jeder Einzelne trägt Verantwortung im Straßenverkehr für sich und für andere. Das Motto der Verkehrssicherheitsaktion 2019 „Für ein faires Miteinander im Straßenverkehr“ sollte für alle Verkehrsteilnehmer oberste Priorität haben.
Die Zahl der schwerwiegenden Verkehrsunfälle verringerte sich im Jahr 2019 geringfügig um 3 Unfälle auf 125 (Vorjahr 128). Die angezeigten Verkehrsunfallfluchten stiegen im Jahr 2019 um 7 auf 79 (2018:72). Geklärt werden konnten wie im Vorjahr leider nur 28 Verkehrsunfallfluchten, was eine Quote von 35,44% bedeutet (Vorjahr 38,36%). Unfallflucht, auch bei vermeintlich nur geringen Schäden, ist kein „Kavaliersdelikt“, sondern eine Straftat, die mit aller Konsequenz verfolgt wird und die oftmals auch einen Entzug der Fahrerlaubnis des/der Beteiligten nach sich zieht. Hier muss noch angemerkt werden, dass immer wieder Unfallfluchten angezeigt werden, wo Fahrzeughalter/-führer nicht wissen, wo sich der Unfall ereignet hatte, da der Schaden erst beim Autowaschen festgestellt wurde. Solche Unfallfluchten sind fast nicht mehr zu klären. Trotz aller auftretenden Widrigkeiten müssen wir in diesem Bereich unsere Anstrengungen steigern, da nahezu zwei Drittel der angezeigten Unfallfluchten in unserem Dienstbereich nicht geklärt werden konnten. Hier sind wir auch auf die Mithilfe jedes Einzelnen angewiesen, dass uns Zeugen gemachte Beobachtungen auch mitteilen, um Ansätze zur Klärung zu erhalten.
Die sonstigen Verkehrsunfälle mit Sachschaden, die sogenannten „Klein/Bagatellunfälle“ bedeuten mit 676 Unfällen (78,42 %) den größten Anteil am gesamten Unfallgeschehen des Jahres 2019 und markieren den höchsten Stand der letzten 10 Jahre. In dieser Kategorisierung ist, wie oben bereits kurz erläutert, die hohe Zahl an Wildunfällen markant (412 entspricht 60,94 % der Kleinunfälle im Jahr 2019). Hier muss allerdings festgestellt werden, dass es keine belastbaren Erklärungen für das bayernweit sprunghafte Ansteigen dieser Unfälle gibt. Die Entwicklung dieses Unfallsegmentes kann weiterhin nur beobachtet werden, um gegebenenfalls, beim Erkennen von Ursachen, zusammen mit anderen Verantwortlichen, steuernd eingreifen zu können. Auch Fachverbände stehen hier vor einem Rätsel und haben keine Erklärungen für die hohe Zahl von Wildunfällen.
Die Geschwindigkeitsunfälle gingen im Jahr 2019 auf 37 (Vorjahr 39) zurück. Es wurden 19 Menschen (Vorjahr 28) verletzt. Diese Zahlen belegen, dass trotz einer leichten Reduzierung der Geschwindigkeitsunfälle zur Senkung der Hauptunfallursachen Geschwindigkeits- und Alkoholkontrollen durchgeführt werden müssen und auch in Zukunft durchgeführt werden. Im Jahr 2019 wurden im Dienstbereich der PI Treuchtlingen 238 Geschwindigkeitsmessungen mit dem Laserhandmessgerät durchgeführt, aus denen 156 Bußgeldanzeigen und 73 Verwarnungen mit Verwarnungsgeld resultierten. In 22 Fällen waren ausländische Fahrzeugführer betroffen, die vor der Weiterfahrt eine Sicherheitsleistung hinterlegen mussten. Für 30 Fahrzeugführer /-innen zogen die Geschwindigkeitsüberschreitungen Fahrverbote nach sich. 248 Verkehrsteilnehmer wurden im Jahr 2019 mit dem Handy am Steuer erwischt, 103 Fahrer /-innen hatten keinen Sicherheitsgurt angelegt.
Die Zahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholbeeinflussung halbierte sich im vergangenen Jahr von 10 Verkehrsunfällen 2018 auf 5 im Berichtsjahr. Bei diesen 5 Unfällen unter Alkoholbeeinflussung wurden zwei Personen verletzt (Vorjahr 8). Dem gegenüber standen 26 aufgedeckte, folgenlose Trunkenheitsfahrten (Vorjahr 30), was einen sogenannten Verfolgungsindex von 1:5,2 für das Jahr 2019 ergibt (Vorjahr 1:2,9). Der angestrebte Verfolgungsindex von 1:5, der im letzten Jahr noch weit verfehlt worden war, konnte somit im Jahr 2019 leicht übertroffen werden. In 12 Fällen (Vorjahr 15) hatten die Fahrzeugführer vor Fahrtantritt Drogen konsumiert und waren somit fahruntüchtig.
Ein weiteres Hauptaugenmerk wird auf das Fahrverhalten und die Beteiligung am Verkehrsunfallgeschehen der Jungen Erwachsenen (Alter von 18 bis 24 Jahren) gelegt. Im Jahr 2019 waren 49 junge Erwachsene (Vorjahr 64) an Verkehrsunfällen beteiligt. In 30 Fällen (Vorjahr 41) waren sie die Unfallverursacher. Bei den Verkehrsunfällen wurden 9 (Vorjahr 20) Personen verletzt. Wie bereits schon erwähnt, handelte es sich bei dem Geschädigten des tödlichen Verkehrsunfalles um einen 19 Jahre alten jungen Mann aus der beschriebenen Altersgruppe junger Erwachsener.
Vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung immer älter wird und auch bis ins hohe Alter aktiv und mobil ist, wird auch die Unfallbeteiligung von Senioren, Lebensalter ab 65 Jahren, beleuchtet. Im Jahr 2019 waren Senioren an 38 (Vorjahr 40) Verkehrsunfällen beteiligt, bei denen sie in 23 Fällen (Vorjahr 27) als Verursacher geführt wurden und bei denen 10 (Vorjahr 11) Menschen verletzt wurden.
Die Motorradunfälle blieben im Dienstbereich der PI Treuchtlingen mit 13 aufgenommenen Verkehrsunfällen im Jahr 2019 gleich wie 2018, was auch für die Anzahl der hierbei Verletzten mit 12 gilt. Eine Kontrollgruppe Motorrad des Polizeipräsidium Mittelfranken (KGM) wurde im Jahr 2019 neu aufgestellt, um im Rahmen der Verkehrssicherheitsarbeit auf die steigende Anzahl schwerer, beziehungsweise tödlich verlaufender Unfälle motorisierter Zweiradfahrer reagieren zu können. Betrachtet man die Entwicklung der Unfallzahlen in Bayern und Mittelfranken in Hinblick auf motorisierte Zweiradfahrer, so konnten für das Jahr 2017 folgende Kernaussagen getroffen werden
– Jeder fünfte Verkehrstote in Bayern und jeder dritte in Mittelfranken war ein Motorradfahrer
– Mehr als die Hälfte der tödlichen Kradunfälle wurden von den Motorradfahrern selbst verursacht
Dazu muss aber noch angemerkt werden, dass 2017 der Anteil der getöteten Motorradfahrer in Mittelfranken, bezogen auf die Beteiligungsart am Verkehr, nahezu so groß war wie die der Pkw-Fahrer. Jedoch nahmen die Motorradfahrer in wesentlich geringerem Umfang am Verkehr teil, weshalb sie bei den schweren, beziehungsweise tödlich verlaufenden Verkehrsunfällen deutlich überrepräsentiert waren.
Dies waren die Gründe der Errichtung der Kontrollgruppe Motorrad (KGM) des PP Mittelfranken. Von der PI Treuchtlingen arbeiten 2 Beamte in der neu aufgestellten Kontrollgruppe mit, was bedeutet, dass Motorradkontrollen in verstärktem Maße auch in unserem Dienstbereich stattfanden und auch im Jahr 2020 wieder organisiert werden. Die Intention muss sein, dass die Kontrollgruppe so viele Motorradfahrer wie möglich erreichen kann. Im Dialog auf Augenhöhe mit den Motorradfahrern soll ein möglichst hohes Niveau der Regelbeachtung und vor allem des Gefahrenbewusstseins bei den Zweiradfahrern erwirkt werden. Der Prävention wurde klar der Vorrang gegeben, um Verständnis zu wecken. Bei unfallrelevanten oder schwerwiegenden Verstößen erfolgte aber auch eine konsequente Ahndung, was sich auch in den Bilanzen der Kontrollen widerspiegelte.
Bei dem Unfallgeschehen mit beteiligten Radfahrern ist eine positive Entwicklung zu erkennen. Im Jahr 2019 mussten 14 Verkehrsunfälle mit 15 beteiligten Radfahrern aufgenommen werden, von denen 11 verletzt wurden (2018: 19 Unfälle, 20 Verletzte).
Betrachtet man das statistische Zahlenwerk für den Bereich der PI Treuchtlingen lassen sich auch für das Berichtsjahr 2019 keine signifikanten Unfallschwerpunkte erkennen, doch wird auch deutlich, dass im Bereich einer guten und effektiven Verkehrssicherheitsarbeit weiterhin Handlungsbedarf besteht. Dies vor allem vor dem Hintergrund einer ständig steigenden Mobilität der Menschen, hier vor allem der jungen Verkehrsteilnehmer, aber auch der „Generation65plus“. Die Sicherheit des Straßenverkehrs wird auch im Jahr 2020 einer der polizeilichen Schwerpunkte sein, was auch durch die Zielsetzung des Bayerischen Staatsministerium des Innern mit dem neuen Verkehrssicherheitsprogramm 2020 „Bayern mobil – sicher ans Ziel“ deutlich wird, dass alles darangesetzt wird, die Verkehrssicherheit auf Bayerns Straßen in allen Bereichen weiter zu verbessern.
Quelle und Fotos: Polizeiinspektion Treuchtlingen