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Ansbacher kaufen in Zukunft unverpackt

Gesprächiger mit Sarah Robinson - Teil 1: Der Unverpackt-Laden

Auch wenn es bis zum Herbst 2020 noch einige Zeit hin ist: seit einiger Zeit gibt es ein neues Gesprächsthema in Ansbach. Der geplante Unverpackt-Laden. Ich habe mich mit Sarah Robinson, der zukünftigen Ladeninhaberin, getroffen.

Nach einem bunten bisherigen Werdegang studiert sie aktuell Umweltsicherung in Triesdorf. Aber wie kam sie denn auf den Gedanken, einen Unverpackt-Laden zu eröffnen?

Sarah: Mit dem Thema Umweltschutz bin ich quasi aufgewachsen. Wir hatten als Kinder schon Stofftaschentücher, eigene Trinkflaschen und Vesperboxen. Das war für mich nie etwas Neues. Bei uns war der Spagat eher anderer Natur: mein Vater ist Amerikaner und ich bin quasi zwischen sparsam und nachhaltig sowie der amerikanischen Konsumgesellschaft im Überfluss aufgewachsen. So habe ich beides kennenlernen können.

Ich habe mich die letzten zehn Jahre immer mehr in die Richtung Zero Waste entwickelt – wobei ich da noch weit weg bin. Das Schwierigste ist meiner Meinung nach, wenn man keinen Laden hat, in dem man einkaufen kann. Ja, man bekommt am Markt Gemüse und Obst, aber es gibt eben Grenzen. Für mich hört Nachhaltigkeit auch nicht beim Plastik auf, sondern es geht um so viel mehr. Deswegen kommt es für mich nicht infrage, dass ich zweimal im Monat nach Nürnberg fahre, um im dortigen Unverpackt-Laden einzukaufen. So kam dann eben die Idee, dass es sowas in Ansbach ja noch nicht gibt.

Das trifft ja gerade auch den Nerv der Zeit – Stichwort Fridays for Future usw.

Ja, ich hatte mir auch schon oft gedacht, dass ich das vielleicht auch früher hätte machen können. Aber ich glaube, dass Ansbach auch ein schwieriges Pflaster sein könnte und dass jetzt ein Zeitpunkt gekommen ist – auch dank der guten Vorarbeit von Respect – der passen könnte. Auch die Berichterstattungen in den Weltmedien hilft enorm.

Das Bewusstsein für dieses Thema hat sich in den letzten Jahren ja auch weitreichend geändert.

Ja, ich bin  sehr froh, auch wenn viele Entwicklungen für meinen Geschmack natürlich zu langsam sind. Wir sind eben bequeme Menschen und ich würde beispielsweise auch nicht komplett auf mein Auto verzichten wollen. Ich habe mir aber ein E-Bike gekauft. Seit einem Jahr hat mein Auto nur noch ein Saisonkennzeichen, d. h. ich habe keine Alternative. Sonst findet man ja immer Ausreden.

Es gab ja auch mal eine Umfrage zum Laden. Hast du nach der Auswertung ganz neue Erkenntnisse gewonnen oder haben sich deine Planungen bestätigt?

Die Resonanz war viel größer als ich mir überhaupt jemals gedacht hätte. Ich habe viel gutes Feedback bekommen, aber es war nichts komplett Neues dabei. Es waren glaube ich 97 % – wenn ich es richtig im Kopf habe – der Meinung, dass so ein Laden in Ansbach fehlt. Das fand ich echt stark. Aber natürlich haben da die Leute mitgemacht, die das Thema interessiert.

Ich habe auch nach einem Bistro gefragt, da war eine überwältigende Mehrheit dafür. Das hatte ich tatsächlich so nicht erwartet. Ich hatte das eigentlich für mich selbst irgendwann im Kopf, um den Kreislauf zu schließen. Eben Lebensmittel, die nicht mehr so hübsch ausschauen oder das Mindesthaltbarkeitsdatum demnächst abläuft, noch zu verarbeiten. Im Moment habe ich ein Studienprojekt in Auftrag gegeben – wir haben an der Hochschule auch Ernährung und Versorgungsmanagement – und die erarbeiten ein Konzept für ein Bistro. Finde ich mega und ich bin ganz aufgeregt. Man muss halt schauen was dabei rauskommt, weil es „nur“ ein Studienprojekt ist. Das ist jedenfalls etwas, das ich als Idee hatte und das hat sich durch die Befragung bestätigt.

Was ich ein bisschen schade finde ist das Thema Plastik. Dass sich die Leute so dran aufhängen, weil Plastik per se kein schlechter Werkstoff ist. Plastik hält – ja auch leider – fast ewig, wenn man es nicht richtig entsorgt. Aber wenn ich eine Mehrweg-Pfandverpackung aus Kunststoff habe heißt das auch, dass man dadurch enorm viel anderen Müll und Emissionen einsparen kann. Da muss ich noch ein bisschen kucken, ob ich Aufklärungsarbeit leiste und Plastik mit dazu nehme oder ob ich mich quasi der Mehrheit beuge und es dann eben keine Plastikverpackungen gibt.

Hast du mittlerweile schon einen Laden in Aussicht?

Nein, bisher nicht. Es ist ja noch über ein Jahr Zeit und deswegen bin ich relativ entspannt. Aber das ist tatsächlich eins der größten Probleme. Trotzdem bin ich guter Dinge, dass sich noch was ergeben wird (Anmerkung: wer einen Laden zu vergeben hat, kann sich direkt an Sarah wenden!).

Hast du selbst auch schon regelmäßig in Unverpackt-Läden eingekauft?

Wir waren letztes Jahr in Wien und da bin ich in den „Lieber Ohne“, das ist ein total putziger Laden. Ich habe mich dort mit der Besitzerin unterhalten und die war total offen. Das ist eigentlich meistens so, wenn man in einen Unverpackt-Laden kommt, dass die Leute von ihren Schwierigkeiten berichten und Tipps geben. Das ist richtig schön.

Also eine Art Community?

Ja genau. Das ist echt klasse. In Nürnberg war ich schon einige Male und hab mit ihnen gesprochen. In Nördlingen gibt’s einen Laden, sogar schon länger als den in Nürnberg. Langenaltheim, das ist in der Nähe von Solnhofen, hat einen ganz kleinen Bioladen und die stellen auch auf unverpackt um – zumindest auf ein großes Sortiment. In Weißenburg entsteht einer, der noch diesen Herbst eröffnen soll.

Was wirst du neben Trockenprodukten, Obst und Gemüse anbieten?

Haar- und Körperseifen auf jeden Fall. Ich habe hoffentlich eine Lieferantin aus Heilsbronn, die Seifen siedet – das wäre dann sogar regional. Bienenwachstücher zum Verpacken und Frischhalten von Lebensmitteln finde ich ganz wichtig. Ich mache ja ganz viel selber: mein Waschmittel, Spülmittel usw. und dafür wird’s auf jeden Fall die Grundzutaten geben. Sprich Natron, Soda, Zitronensäure und so Sachen. Es soll aber auch fertiges Waschmittel geben.

Auch Workshops zum Selbstherstellen von z. B. Deos, Honig und Backaromen wird es geben bzw. gibt es schon. Zudem ist ein Stammtisch geplant, jedes Mal mit einem bestimmten Thema. Das ist dann eher Austausch als Workshop. Das ganze Thema ist mir echt ein Anliegen. Ich habe so lange drauf gewartet, dass die Welt besser wird, aber das wird sie nicht. Deswegen mache ich sie jetzt einfach besser. Jedes kleine bisschen hilft. Und jeder Tag, an dem man mal mit dem Fahrrad anstatt dem Auto fährt, jedes bisschen Verzicht ist ein Gewinn für die Umwelt, die Natur und für unsere Zukunft.

Weißt du dann auch von jedem Produkt wo es herkommt? Welche Qualitätsmerkmale sind dir besonders wichtig?

Mein Ziel ist es, möglichst viel aus der Region zu beziehen. Wobei der Begriff je nach Produkt näher oder weiter gesteckt werden muss. Ich bin dran die Landwirte – überwiegend die Biolandwirtschaft – aus der Region von meiner Idee zu überzeugen und darüber zu informieren. Ich habe auch schon Bio-Nudeln und Eier aus Flachslanden sowie Kartoffeln aus dem Stadtgebiet. Mir ist ganz wichtig zu wissen, was ich im Laden habe. Und Nachhaltigkeit ist mir gerade das Wichtigste. Dann muss auch nicht unbedingt ein Bio-Siegel drauf sein. Ich will, dass der Landwirt mir in die Augen schaut und mir sagen kann, dass z. B. kein konventionelles Spritzmittel dran ist, keine Gentechnik verwendet wird – dass es eben nachhaltig produziert wird. Dann bin ich offen für konventionelle Produkte, die aber nachhaltig produziert wurden.

Was Obst und Gemüse angeht – wirst du da nur saisonale Ware führen oder möchtest du immer alles anbieten können?

Das ist ganz schwierig. Es ist letzten Endes leider eine wirtschaftliche Frage. Ideologisch hätte ich nur saisonales Obst und Gemüse anbieten wollen. Ich habe mich inzwischen mit vielen Läden unterhalten und die Resonanz ist eigentlich immer, dass man vielleicht nicht immer Ananas da haben muss, aber ein gewisses Grundsortiment. Das ist dann eben leider auch international und außerhalb der Saison.

Wie sieht es mit Fleisch, Fisch und Milch aus?

Am Anfang nicht. Ich hätte gerne perspektivisch einen Milchautomaten. Alternativ kann ich es mir vorstellen die Milch in Pfandgefäßen auszugeben. Ich habe einen Anbieter für Bio-Fleisch aus der Region. Er hat mir vorgeschlagen, dass man die Lieferung auf Bestellung macht. Das ist eine Idee, die ich als Vegetarier auch gut finde und unterstützen kann. Bei allen tierischen Produkten ist mir aber wirklich wichtig, dass es bio ist. Da gehe ich auch keine Kompromisse ein, denn das Tierwohl ist mir eine Herzensangelegenheit. Bei Fisch könnte ich mir evtl. Räucherforellen vorstellen oder Karpfen aus der Region, aber da bin ich noch nicht ins Detail gegangen.

Eine Frage, bei der ich nicht weiß, ob du sie schon beantworten kannst. Aber ein Argument von Vielen ist ja immer, dass man es sich als „Normalo“ gar nicht leisten kann in Unverpackt-Läden einzukaufen. Auch wenn du mit deinen Kalkulationen noch nicht soweit bist: wie ist denn deine grundsätzliche Meinung dazu?

Das ist ein schwieriges Thema. Ich will definitiv keinen „Elite-Laden“ aufmachen. Es ist leider tatsächlich so, dass die unverpackte Ware, die von regionalen Landwirten fair produziert wird, teurer ist. Der regionale Landwirt braucht einfach mehr zum Leben als ein Bio-Bauer in Rumänien oder in Afrika. Der Transport ist leider der kleinste Faktor beim Preis. Deswegen gibt es auch die Workshops, damit man eben viele Sachen selber machen kann. Da lässt sich gerade im Bereich Putzmittel und Körperpflegeprodukte sehr viel Geld sparen. Das kann man dann eben an anderer Stelle wieder einsetzen.

Es ist es aber auch immer eine Frage des Bewusstseins. Also: was ist es mir wert? Bei jedem Einkauf gebe ich meinen Wahlzettel ab wie ich mir die Zukunft vorstelle. Es ist für viele sicherlich schwierig in einem Unverpackt-Laden einzukaufen. Alles wird es sowieso nicht bei mir geben, weil ich keine klassischen Fertigprodukte führen werde. Selbermachen ist in der Regel immer billiger, auch wenn die einzelnen Grundzutaten teuer erscheinen.

Was natürlich auch hilft ist, nicht den ganzen Kühlschrank voll zu laden und dann schlussendlich doch die Hälfte davon wegzuwerfen, weil es niemand gegessen hat.

Ja und das ist ein Vorteil von unverpackt, denn man kauft in der Regel nur die Mengen die man auch braucht. Wenn ich weiß, dass ich jeden Tag zum Frühstück Müsli esse, dann kaufe ich mir eben so viele Haferflocken wie ich in der Woche esse. Man hat nicht mehr seine Schränke voll mit Lagerware, bei denen man nur ein Mal ein bisschen was braucht und den Rest nicht mehr verwertet und der dann jahrelang im Schrank steht und abläuft.

Es gibt so viele Dinge, die man tun kann. Selbst wenn man jeden Tag nur eine Kleinigkeit macht, hilft das!

Wer immer auf dem neuesten Stand in Sachen Ansbach Unverpackt bleiben will kann Sarah’s Website besuchen oder ihr auf Facebook und Instagram folgen. Ihr könnt euch schon auf einen zweiten Teil freuen – hier verrät Sarah, wie man Müll im Alltag mehr oder weniger einfach vermeiden und reduzieren kann.