Gesprächiger: Autorin Julia Hanel aus Leutershausen
Ein eigenes Buch veröffentlichen – davon träumen viele. Ich habe mich mit Julia Hanel getroffen, die bald schon ihr viertes Buch „Herzklopfen nicht ausgeschlossen“ in den Händen halten wird. Julia kommt aus Leutershausen, wohnt mit ihrem Mann mittlerweile aber in Würzburg und arbeitet dort hauptberuflich als Pressereferentin.
Ihr Leben hat sich schon immer viel ums Schreiben gedreht. Im Teenageralter hat sie kleine Grusel- und Horror-Romane geschrieben, während des Germanistik-Studiums verfolgte sie das Ganze etwas ernster und hat mit ihrem ersten Roman angefangen. Über die Jahre ist dann „Zwei fürs Leben“ entstanden. Das fertige Buch lag länger in der Schublade, aber irgendwann hat sie sich getraut es mit Exposé und Probekapiteln per Post an 20-25 Verlage zu schicken. Und sie hatte Glück.
Letztendlich hast du dich bei deinem ersten Buch „Zwei fürs Leben“ einfach hingesetzt und hast angefangen – ohne groß drüber nachzudenken und ohne wirklichen Plan im Hinterkopf?
Ja genau. Ich hatte nie den Plan, dass ich mal Schriftstellerin werden will. Wobei es schon ein Traum war. Es gibt auch noch Poesie-Alben von mir, wo tatsächlich als Berufswunsch Schriftstellerin drin steht. Aber ich habe das Buch nicht mit der Absicht geschrieben, dass ich es einschicken werde. Irgendwann hab ich’s mich dann doch getraut. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass das eigentlich total naiv war. Heutzutage haben eingesendete Bücher kaum Chancen. Die Verlage kriegen stapelweise eingesendete Sachen und die werden teilweise nicht mal gelesen. Die meisten Autoren haben eine Agentur – ich inzwischen auch – die einen so ein bisschen managed und Kontakte zu den Verlagen hat. Es hat trotzdem irgendwie geklappt – warum auch immer. War wahrscheinlich auch viel Glück dabei.
In welchem Jahr hast du es eingeschickt?
Das ist schon relativ lang her. Man unterschreibt einen Vertrag und oft dauert es 1,5 Jahre bis so ein Buch dann erscheint. Mein erstes Buch ist 2015 erschienen und ich glaube 2013 habe ich die Zusage bekommen. Vermutlich habe ich es dann ca. 2012 eingeschickt. Das liegt dann erstmal drei bis vier Monate rum, bis sich überhaupt mal jemand meldet. Dann sagen sie, dass sie es ganz interessant finden und möchten mehr lesen. Dann schickst du mehr hin, dann dauert’s wieder zwei bis drei Monate.
Also braucht man viel Geduld?
Anfangs schon. Ich war natürlich damals auch total neu und wusste gar nix – das war unglaublich aufregend. Man ist einfach nur happy, dass man überhaupt die Chance kriegt und dass sich jemand dafür interessiert. Da bin ich jetzt froh, dass ich meine Agentur habe, die sich um alles kümmert und auch mal etwas verhandelt. Ich war am Anfang natürlich einfach dankbar – ich hätte am liebsten dem Verlag sogar noch Geld gegeben. Zu meiner Agentin habe ich mittlerweile ein enges freundschaftliches Verhältnis. Wenn ich eine neue Buchidee habe, geht sie damit zum Verlag und schlägt es vor – quasi wie mein Mittelsmann.
Hast du damals irgendjemanden drüber lesen lassen bevor du es abgeschickt hast?
Ich habe viel für mich allein gemacht – irgendwie ist es schon wie ein Baby. Es kostet auch unglaublich viel Überwindung es jemanden zu geben. Auch jetzt noch. Wenn ich jetzt ein neues Buch schreibe und gebe es zum ersten Mal meiner Schwester oder meinem Mann, dann ist das richtig mit Bauchschmerzen verbunden. Man hat schon irgendwie Angst was zurückkommt. Deswegen: das erste Buch hat glaube ich keiner so richtig davor gelesen. Viele waren davon auch total überrascht. Inzwischen bin ich ein bisschen offener geworden und gebe das auch mal her, aber ich bin immer noch furchtbar aufgeregt, wenn das irgendjemand liest.
Vermutlich ist es auch sehr schwer, Kritik dafür einstecken zu müssen…
Heutzutage mehr denn je, auch wenn das Buch erscheint. Es geht nur noch darum, Rezessionen und Sterne vergeben zu können, egal ob es um Urlaube, Filme oder sonstwas geht. Das ist teilweise schon krass ,und ich lese die Bemerkungen auch nicht mehr so. Am Anfang kuckt man natürlich schon immer und freut oder ärgert sich dementsprechend. Inzwischen lasse ich das nicht mehr so an mich ran.
Woher nimmst du die Inspiration für deine Geschichten?
Die Frage kann ich ganz schwer beantworten. Jeder kennt das ja, dass man mal eine Idee hat – sie ist bei mir immer einfach so da. Ich bin jemand, der gerne beobachtet, viel aufnimmt und finde, dass das Leben um einen herum einem viele Ideen gibt. Ich habe auch ganz viele, nur fehlt mir die Zeit alles umzusetzen.
Kannst du dir auch vorstellen, ganz andere Bücher zu schreiben? Etwa einen Krimi?
Also ich lese selber total gern Krimis oder auch einen Fantasy-Roman aber selbst schreiben? Ich bewundere das immer sehr, weil ich es vermutlich nicht machen könnte. Also bei Krimis z. B. finde ich diese Recherchetätigkeit total umfangreich. Also: Wie geht ein Polizist vor, wie arbeitet ein Forensiker usw. Das muss man ja alles erstmal recherchieren und das wäre mir glaub alles zu aufwändig.
Aber ich bringe dieses Jahr noch zwei Bücher unter meinem Pseudonym Lilly Lucas heraus, die eine etwas jüngere Zielgruppe (zwischen 16 und 25) haben. Das Genre heißt New Adult – das geht so in die Richtung junge Erwachsene. Es geht um erste Liebe, erste Erfahrungen usw. Ich würde es aber auch nicht als Jugendbuch bezeichnen. Das ist natürlich jetzt noch ein bisschen was anderes – wobei es trotzdem natürlich wieder um Liebe geht. Das fand ich schon ganz spannend mal ein bisschen wegzugehen und ein bisschen jünger zu werden.
Wie schaffst du das denn alles? Gibt’s überhaupt noch sowas wie ein Privatleben?
Das hat sich jetzt alles einfach irgendwie so ergeben. Normalerweise habe ich immer ein Buch pro Jahr geschrieben und das ging ganz gut ohne Druck. Der Vertrag für das vierte Buch bei Ullstein war schon unterschrieben, aber ich hatte parallel Lust was anderes zu schreiben und hab das einem anderen Verlag angeboten. Die fanden das dann so gut, dass sie gesagt haben dass sie es haben wollen – aber bitte auch gleich noch mit der Fortsetzung dazu. Da war ich dann etwas unter Zugzwang. Jetzt waren es drei Bücher, die ich schreiben musste und das war eine Ausnahmesituation. Im März war die letzte Abgabe und dann muss ich auch erstmal Pause machen. Ich habe meine Stunden im Hauptjob reduziert und habe 1,5 Tage frei in der Woche und das bringt schon ein bisschen was. Danach möchte ich aber auch wieder eher in die Richtung ein Buch pro Jahr.
Schreibst du jeden Tag? Hast du einen festen Plan?
Früher eigentlich wie ich lustig war. Da habe ich im Sommer auch mal einen Monat lang gar nix geschrieben. Aber jetzt wo ich wirklich diesen Druck hatte mit den drei Büchern schreibe ich schon fast jeden Tag. Wenn ich merke ich bin total müde oder es geht heute nix, dann geht halt nix. Die Wochenenden und montags wenn ich frei habe nutze ich da schon gut. Aber ich bin nicht der Typ, der einen krassen Plan hat, also morgens um acht hinsetzen und bis zwölf schreiben. Es gibt Autoren die das wirklich so wie „richtige“ Arbeit planen.
Arbeitest du mit Meilensteinen oder hast du nur die eine letzte Deadline?
Ich hatte jetzt zum ersten Mal Deadlines. Bei den ersten drei Büchern war es so, dass ich die einfach so für mich geschrieben habe. Die waren fertig und dann haben wir die dem Verlag angeboten. Jetzt beim vierten Buch schreibe ich das erste Mal auf eine Deadline hin. Mit Druck zu schreiben bin ich nicht gewohnt. Ich sage mir auch nicht: bis heute Abend möchte ich an dem und dem Punkt sein. Gar nicht weil ich unstrukturiert bin, sondern das einfach nicht meine Art zu schreiben ist. Ich mach es einfach wie es geht.
Was sind denn deine Lieblingsbücher?
Ich lese eigentlich querbeet. Ich lese total gerne Krimis, auch deutsche Krimis. Auch schöne Romane oder Fantasy. Oder auch mal ein Jungendbuch. Also eigentlich fast alles außer Thriller, das eher weniger. Ich bin da total offen.
Ich bin ein großer Fan von den alten englischen Klassikern, z. B. Jane Austen. Die mag ich total gern. Ich finde es auch sehr bewundernswert wie aktuell die trotz ihres Alters noch sind. Harry Potter finde ich auch unglaublich toll. Das könnte ich auch immer wieder lesen. Mein Lieblingsbuch ist eigentlich auch ein Klassiker: Wer die Nachtigall stört von Harper Lee. Das habe ich schon 1000 Mal gelesen. Es gibt einfach so ein paar Bücher, mit denen man etwas verbindet.
Denkst du dir beim Lesen dann auch öfter mal „Oh man, die Formulierung ist so toll, die muss ich mir gleich merken?“
Das ist schon schlimm, dass man anfängt zu analysieren. Manchmal lese ich bewusst Krimis, damit ich nicht in Versuchung gerate ständig an sowas zu denken. Ich bin schon manchmal beeindruckt von bestimmten Formulierungen und dann streiche ich mir die auch an. Manchmal blockiert einen das auch total, weil man nicht mehr den Text oder die Geschichte sieht, sondern man vertieft sich in die Sprache. Also es kann auch manchmal hemmen.
Was für Ratschläge hast du an zukünftige Autoren?
Auf jeden Fall dran bleiben und nicht den Mut verlieren. Bei mir hat’s ja auch geklappt obwohl es unwahrscheinlich war. Und das Buch das man schreibt oder geschrieben hat ruhig mal weitergeben und lesen lassen. Sich auch mal Kritik aussetzen. Es einfach versuchen und sich trauen. Ich denke die Möglichkeiten waren noch nie so groß wie heutzutage. Einerseits kann man über die klassischen Verlage gehen. Aber wer das nicht will oder schafft, der kann sein Buch über Self-Publishing veröffentlichen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten oder Anbieter. Ich bin mit Autoren befreundet, die sind Bestsellerautoren – aber bei Kindle. Man hat nix zu verlieren. Wenn man wirklich überzeugt ist, sollte man sich eine Agentur suchen. Im Nachhinein finde ich, dass das ein schlauer Weg ist. Die Agenturen sind darauf spezialisiert, suchen und verhandeln für einen. Gerade wenn man sich in dieser Welt nicht auskennt ist das hilfreich.
Welche Ziele hast du denn noch?
Das schwankt immer ein bisschen. Es wäre schon ein Traum, dass aus den beiden Junge Erwachsenen-Büchern eine Reihe werden könnte. Und natürlich wäre es schön, wenn ich das Schreiben noch ein bisschen mehr zum Beruf machen könnte. Aber ich weiß auch wie schwer es ist. Das ist eine hart umkämpfte Branche und erfordert Mut. Ich hab meine Stunden reduziert und das ist okay so. In der Selbständigkeit hast du das Risiko und keinen Garant für Erfolg. Ich habe die finanzielle Sicherheit im Hintergrund und ich mag ja auch meinen Job. Aber auf Dauer ist das nicht machbar. Man muss sich überlegen, was man mehr gewichtet. Mein Traum wäre es, in einem Haus am Meer auf der Terrasse zu sitzen und zu schreiben. Aber so ist es leider nur im Film und die Realität hat damit sehr wenig gemein.
Vielen Dank, Julia, für das tolle Gespräch!
Wer mehr von Julia lesen will, wird in jedem Buchhandel seines Vertrauens fündig. Auf ihrer Website gibt es alle Infos zu ihren Romanen.
Live zu sehen ist sie am 27. April 2019 bei WindsArt – dort liest sie aus ihrem Roman „Dein Bild für immer“.