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Ziel: Erhalt eines einzigartigen Kulturraums

Ansbach, 29. Juli 2022 – Die Arbeiten des landkreisübergreifenden Naturschutzprojekts „chance.natur – Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal“ liegen im Zeitplan. Erste Ergebnisse der Planungen und Gutachten wurden nun bei einer Sitzung der „Projektbegleitenden Arbeitsgruppe“ vorgestellt. Ziel ist der Erhalt eines einzigartigen Kulturraums im Altmühltal von Colmberg im Landkreis Ansbach bis Trommetsheim im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit artenreichen Feucht- und Nasswiesen sowie Lebensräumen von hochgradig gefährdeten Wiesenbrüterarten. Maßnahmen für mehr Wasserrückhalt kommen der Landwirtschaft sowie dem Hochwasser- und Klimaschutz zugute. Der weitere Ausbau der extensiven Nutzung wird die Wasserqualität des Trinkwassers, der Fließgewässer und der Seen verbessern, auch zum Nutzen des Tourismus.

„Jede Maßnahme, die gelingt, dient auch dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und unserer Heimat“, sagte Projektleiter Dietmar Herold. Vor allem die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft sei wichtig. Erst die Bewirtschaftung über viele Jahrhunderte hinweg ließ die Altmühlwiesen in ihrer heutigen Form entstehen. „Die Fortsetzung und der Ausbau der naturverträglichen Bewirtschaftung ist essentiell für deren Erhalt. Die bäuerliche Landwirtschaft ist damit nicht das Problem, sie ist die Lösung“, so Herold. Die Landräte Dr. Jürgen Ludwig und Manuel Westphal hoben den breiten Ansatz des Projekts hervor. Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Kommunen, Tourismus, Jäger, Angler – es gebe viele Interessensgruppen im Altmühltal. Sie waren eingeladen, sich zu informieren und mitzuwirken. Westphal freute sich in seiner Begrüßung besonders, dass auch Vertreter von Bund und Land angereist waren, über die das Projekt zu 90 Prozent gefördert wird.

Zentraler Baustein des Projekts ist der „Pflege- und Entwicklungsplan“ (PEPL). Er stellt die Entwicklungsziele und Maßnahmen für die spätere Umsetzung dar. Vogelkartierungen, Datenerhebungen und Bewertungen des Gebietes waren vorausgegangen. Besonders hohe Bedeutung haben dabei neben dem Wiesmet der südliche Abschnitt zwischen Aha bis Alesheim (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen), Bereiche bei Haag und Sommersdorf sowie westlich von Leutershausen in der Niederung Brunst-Schwaigau (beides Landkreis Ansbach). In diesen Räumen muss der Schwerpunkt der Wiesenbrüterschutzmaßnahmen gelegt werden. Maßnahmen zum Wasserrückhalt, extensive, differenzierte und naturverträgliche Wiesen- und Weidenutzung, Gelegeschutz- und Besucherlenkungsmaßnahmen und Bestrebungen zum Erwerb, Pacht oder Tausch von Flächen sollen hier mit Nachdruck weiterverfolgt werden.

Um die Chancen und Auswirkungen des Projektes für die Landwirtschaft und die Erholungsnutzung beurteilen zu können, wurde die „Sozioökonomischen Analyse“ in Auftrag gegeben. Datenanalysen, eine Befragung von 25 landwirtschaftlichen Betrieben und eine online-Befragung zur Erholungsnutzug stellen die Basis dar. Der landwirtschaftliche Strukturwandel verbunden mit einer Abnahme an Betrieben und Zunahme der Betriebsgrößen ist auch in der Region im vollen Gang. Dennoch ist die Ausgangslage anders als in Gesamtbayern. Der Anteil an Landwirten, die sich an Agrarumweltprogrammen wie dem Vertragsnaturschutzprogramm beteiligen, ist mit 30 Prozent überdurchschnittlich hoch. Ebenso ist die Nebenerwerbsquote noch relativ hoch und es besteht eine hohe Identifikation der Landwirte mit der Region und der Natur, wie die kooperative Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz im Wiesmet sehr gut zeigt.

Die Beteiligung an den Agrarumweltprogrammen alleine reicht jedoch nicht aus. Der Stellenwert der extensiven Nutzung muss finanziell gestärkt werden. Das Projekt bietet hier gute Chancen. So können für Mehraufwendungen und Mindererträge durch Nutzungseinschränkungen bei langfristiger Sicherung Ausgleichszahlungen geleistet werden. Darüber hinaus will das Projekt die Entwicklung neuer Produkte und neuer regionaler Vermarktungen aus der naturverträglichen Nutzung anstoßen, um mehr Wertschöpfung zu erreichen. Vier Wertschöpfungsketten stehen dabei im Fokus: Heu- und Futtermittelvermarktung, Vermarktung von Fleischerzeugnissen aus Beweidung, Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen (Stichwort „Heumilch“) und Graspapierproduktion. Im Spätherbst sollen die Endergebnisse der Planungen vorliegen und in einer weiteren Arbeitsgruppensitzung vorgestellt werden. Wenn alles nach Plan läuft, kann dann noch im Laufe des kommenden Jahres mit der Umsetzung der Maßnahmen, die sich voraussichtlich über zehn Jahre erstrecken wird, begonnen werden.

„Auch wenn das Projekt eine Herkulesaufgabe ist, das Interesse und die Beteiligung zeigen, dass es machbar ist“, brachte Klaus Fackler vom Landschaftspflegeverband in seinen Schlussworten zum Ausdruck.

Hintergründe zum Naturschutzprojekt „Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal“

Das Altmühltal von Colmberg bis Trommetsheim ist eines der bedeutendsten Feucht- und Nasswiesengebiet und das größte zusammenhängende Wiesenbrütergebiet Süddeutschlands.

Wiesenbrüter wie Uferschnepfe, Großer Brachvogel oder Kiebitz prägen mit ihren markanten Rufen die Eigenart des oberen und mittleren Altmühltals. Die auentypischen Überschwemmungen, die Grünlandvielfalt und die weiträumige Landschaft boten ihnen seit Jahrhunderten einen geeigneten Lebensraum. Doch die Wiesenbrüterbestände nehmen trotz vieler Bemühungen und trotz des hohen Anteils von Flächen, die unter den Bedingungen des Vertragsnaturschutzes bewirtschaftet werden, dramatisch ab. Das Naturschutzprojekt  „chance.natur Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal“ hat das Ziel, die letzten Refugien der hochgradig bedrohten Wiesenbrüter im Altmühltal nachhaltig zu sichern. Hierfür müssen artenreiche, vielfältige und naturverträglich bewirtschaftete Feucht- und Nasswiesen erhalten und wiederhergestellt werden.

Träger des Projekts sind der Landkreis Ansbach, der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, der Landesbund für Vogelschutz in Bayern und der Landschaftspflegeverband Mittelfranken. Sie haben mit finanzieller Unterstützung durch Bund und Land aus dem Bundesförderprogramm „chance.natur“ das Projekt auf den Weg gebracht.

Quelle: Pressemitteilung, Landratsamt Ansbach