Was sind Tierwohlkennzeichnungen noch wert?
ÖDP fordert schnelle und lückenlose Aufklärung im Schlachthofskandal von Wassertrüdingen
Ansbach, 13 Juni 2025 – „Freier Auslauf, genügend Platz, extra Kontrollen“ oder „Mehr Auslauf und frische Luft, artgerechtes Ökofutter und frisches Gras, extra Tierwohlkontrollen“, vielleicht noch mit dem Zusatz „Förderung von Engagement für mehr Artenvielfalt.“ Die Infos für die Verbraucher auf den Verpackungen sind vielfältig, aber was kann man nach dem Skandal im Schlachthof in Wassertrüdingen eigentlich noch glauben? Und nun noch weitere Entdeckungen: Legehennen hätten pro Woche sehr lange Transportwege über sich ergehen lassen müssen, es habe Fahrzeiten von deutlich mehr als acht Stunden gegeben.
An jedem Schlachttag seinen angeblich Veterinäre in dem Betrieb anwesend gewesen. Werden bei der Beurteilung von Tierrechtsverstößen unterschiedliche Maßstäbe angesetzt oder schauen die amtlichen Kontrolleure aus bestimmten Gründen einfach nicht hin?
Dieser gnadenlose Umgang mit unseren Mitgeschöpfen ist auch die Folge unseres wachstumsorientierten Wirtschaftssystems. In einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb leiden nicht nur die „Nutztiere“, sondern auch zunehmend die Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten. Egal ob auf dem Hof, in der Saisonarbeit oder in Schlachthöfen, die Verhältnisse werden zunehmend prekärer und entmenschlicht. Neben den Menschen und Tieren überfordern und missbrauchen wir auch sämtliche übrigen Ressourcen in diesem System: Böden, Wasser, Artenvielfalt. All das ist unseren Konsumwünschen und -gewohnheiten nicht gewachsen. Genauso wie Fleisch und tierische Produkte zum billigen Preis, täglich in jeder gewünschten Menge verfügbar zu haben.
Wir brauchen einen Systemwechsel: Sich nicht den Interessen der Tierhaltungsindustrie und der Agrarindustrielobby zu unterwerfen, sondern die ökosoziale Transformation von Landwirtschaft und Ernährung als eine hohe ethische Bedeutung zu erkennen. Nicht eine global durchgesetzte Industrialisierung der Nahrungsmittelwirtschaft, sondern der Erhalt und die Stärkung regionaler, traditioneller und kleiner bis mittlerer Betriebsstrukturen bieten die Chance, uns zukünftig derartige Bilder des Grauens zu ersparen.
Auf Anzeigen von Tierschutzorganisationen muss zeitnah reagiert werden und nicht erst die Echtheit des vorgelegten Materials angezweifelt werden. Wie auch im Fall des Schlachthofes in Wassertrüdingen. Tierschützer, die sich für das Wohl der Tiere einsetzen und somit auch für den Erhalt unseres Planeten, müssen besser gehört werden, nicht die Interessen der Tierhaltungsindustrie und der Agrarindustrielobby.
Die ÖDP setzt sich – auch auf europäischer Ebene durch die Europaabgeordnete Manuela Ripa – bereits seit Jahren für ein Verbot von langen Lebendtiertransporten auf der Straße und dem Wasser ein. Unvermeidbare Tiertransporte sind auf maximal 100 km zu begrenzen. Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz wurde bereits in vielen Bereichen gestärkt.
Wir fordern rückverfolgbare Lieferketten und faire Bedingungen für die Menschen. Und Tierquälerei muss in allen Fällen als Straftat bewertet werden, ohne Unterscheidung, ob es sich um anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen gehandelt hat.